Nachhaltiges Wirtschaften der Unternehmen und nachhaltiger Konsum der Verbraucher stellen die Zielgrößen dar, die als zukunftsweisend deklariert werden. Ein unternehmerischer Pionier, der idealistisch motiviert, verschiedene Nachhaltigkeitsziele verwirklichen will, allen voran das Ökologische, ist das Ökokaufhaus Rommelmühle in Bietigheim-Bissingen. Das innovative Projekt umfasst insbesondere das im Herbst 1998 eröffnete Ökokaufhaus mit fast 6.000 m2 Verkaufsfläche. Daneben leben im Hauptgebäude und in neu erbauten Wohnhäusern ca. 100 Menschen. Es soll ein Konzept für die Zukunft sein, von dem Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft gleichermaßen profitieren. Im Mittelpunkt der Fragestellung dieser Arbeit steht, ob eine Unternehmensinnovation im Bereich des Handels wie das Ökokaufhaus tatsächlich Schritte zur Nachhaltigkeit fördern kann. Neben Effizienz- und Konsistenzstrategien müssen dann auch Suffizienzstrategien erfolgreich umgesetzt werden. Hierzu wird das Ökozentrum Rommelmühle und dessen Umfeld in den Jahren 1998 bis 2002 anhand von verschiedenen, zum Teil mehrjährigen empirischen Untersuchungen betrachtet. Die Analysen rund um die Rommelmühle sowie einer weiteren Befragung bei anderen bestehenden bzw. geplanten Ökokaufhäusern in Deutschland, zeigen, wie es um ein innovatives Handelsunternehmen in der Öko-Branche bestellt ist. Die Ergebnisse werden in folgenden vier Thesen zusammengefasst. These 1: Der Leitgedanke der Ökokaufhäuser ist zukunftsweisend. Die Idee eines ökologisch beeinflussenden und nachhaltig wirtschaftenden Handelsunternehmens wird nach wie vor als sehr positiv angesehen. Die Menschen fordern heute von den Unternehmen mehr gesellschaftliche und ökologische Verantwortungsübernahme. Das Verantwortungsbewusstein der Menschen ist in Deutschland über die ökologische Dimension hinaus anhaltend hoch und bei den Unternehmen beginnt langsam eine entsprechende Sensibilisierung. Als Konzept rief das Ökokaufhaus große Begeisterung hervor und trotz des Scheiterns bleibt die Idee eines ökologisch agierenden und den Lebensstil nachhaltig gestalteten Handels positiv in den Köpfen der Menschen haften. Dies ist ein erstes und in langfristiger Sicht zentrales Ergebnis dieser Arbeit. These 2: Ökokaufhäuser ermöglichen eine hybride Nachhaltigkeitsentwicklung. Die ökonomische Dimension bildet die Basis für die Tragfähigkeit und damit für die Diffusionschancen von Veränderungen in ökologischer und sozialer Sicht auch in einem ökologisch motivierten Pionierunternehmen. Ein Ökokaufhaus in seiner bisher realisierten oder geplanten Form ist wirtschaftlich häufig erfolglos oder doch zumindest im Fortbestand gefährdet. Sofern es am Markt bestehen bleiben kann, befindet es sich als innovativer David in der Öko-Nische. Ökologische Innovationen im Ökokaufhaus verbessern über effizientere Rahmenbedingungen (Gebäude) und infrastrukturelle Angebote (Güterversorgung) erheblich die Chancen zu nachhaltigen Wirtschafts- und Konsumweisen. In der Rolle als Suffizienzvermittler setzen die Ökokaufhäuser aber keine bedeutsamen Impulse. Die soziale Komponente im Ökokaufhaus wurde meist den ökologischen Planungen hintangestellt. Im Geschäftsbetrieb überlagerte die ökonomische Entwicklung dann vollständig gemeinschaftsorientierte Ansätze. Daneben ist auch das Ökokaufhaus eine teure Versorgungseinrichtung, die wie die Öko-Branche insgesamt, vor allem von Menschen mit höherer Bildung und von der älteren Generation aufgesucht wird. These 3: Die Etablierung von Ökokaufhäusern ist eine Zeitfrage. Kurzfristig gesehen ist das Konzept Ökokaufhaus vor allem aus ökonomischen Gründen nicht zukunftsfähig. Die Nachfrage nach Produkten in ökologischer Qualität ist außer bei Biolebensmitteln begrenzt. Das Angebot verschiedener ökologischer Branchen unter einem Dach bewirkt kaum erhoffte spill-over Effekte. Langfristig gesehen versprechen Veränderungen in der Produktionsweise der Unternehmen und in den Denk- und Konsumweisen der Gesellschaft aber Rahmenbedingungen, die den zukünftigen Erfolg von Ökokaufhäusern bilden könnten. Noch sind unterschiedlich erfolgreiche Diffusionsverläufe in den ökologischen Branchen zu beobachten. Der Handel mit Naturtextilien verharrt stigmatisiert in der Nische. Und auch die ökologische Bauhandelsbranche konnte, trotz gesetzlich verankerter Standards der Wärmedämmung, bisher keine weitere Bewegung entwickeln. Alleine mit Biolebensmitteln ist die älteste ökologische Handelsbranche bereits auf wirtschaftlichem Erfolgskurs und genießt zunehmend gesellschaftsweite Akzeptanz. Die historische Erfahrung lehrt: Auch die Warenhäuser des 19. Jahrhunderts entwickelten sich über Jahrzehnte hinweg aus einer Branche heraus zu erfolgreichen Vollsortimentern. These 4: Ökokaufhäuser als Modell und Chance zur Weiterentwicklung im Handel. Ein Ökokaufhaus der Zukunft wird in seinen Gestaltungselementen angepasst sein an den Dingen, die die Wirtschaft anbieten kann und den Wünschen, die die Gesellschaft hegen wird. Mit den Gestaltungselementen der Ökokaufhäuser, so wie sie in den Analysen rund um das Ökokaufhaus Rommelmühle ermittelt wurden, hat das Ökokaufhaus der Zukunft sicherlich nicht mehr viel Ähnlichkeit. Doch das Ziel dieser innovativen Idee wird die Vergangenheit und die Zukunft verbinden: Dinge wieder in einen Zusammenhang zu stellen, nachhaltiges Wirtschaften und nachhaltigen Konsum zu einen, Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt als umfassendes Ganzes zu sehen. Diese Erwartungen der Menschen von heute bilden die Grundlage für das Agieren der Unternehmen von morgen.