Analyse der Keynesianischen Liquiditätspräferenzfunktion
Der in der makroökonomischen Lehrbuchliteratur präsentierte Verlauf der Liquiditätspräferenzfunktion schließt einen Bereich absoluter Liquiditätspräferenz ein, der dann erreicht ist, wenn die laufende Zinsertragsrate auf eine kritische Mindestrate gefallen ist, bei der niemand mehr bereit ist, sein Vermögen in Wertpapieren anzulegen. Dieser Verlauf wird entweder ad hoc postuliert oder durch Verweis auf ein ganz spezifisches Portfolioverhalten, das sich allein am erwarteten Periodenertrag orientiert, legitimiert. Es konnte nachgewiesen werden, daß unter diesen Keynesianischen Verhaltensannahmen die gleichgewichtige Zinsertragsrate immer über der kritischen Mindestrate liegen wird, sofern die Zahl der existierenden Wertpapiere nicht gleich Null ist. Solange dies nicht der Fall ist, ist das Phänomen der Liquiditätsfalle für die makroökonomische Geldnachfragefunktion nicht ableitbar. Darüber hinaus hängen sowohl die aggregierte Geldnachfragefunktion als auch die korrespondierende Wertpapiernachfragefunktion in kritischer Weise nicht nur vom Wert des Gesamtvermögens, sondern auch von seinen Komponenten ab. Da im Gleichgewicht die gesamte Geldmenge von den Baissiers und der gesamte Wertpapierbestand von den Haussiers gehalten wird, ergibt sich eine ganz besonders starke Sensitivität der Makrorelationen in bezug auf jede Änderung der zugrundeliegenden Mikrostruktur!?. Eine unmittelbare Konsequenz des spezifischen Portfolioverhaltens betrifft die mathematische Formulierung der Makrorelationen: In der Gleichgewichtslösung verlaufen beide Nachfragefunktionen geknickt und sind deshalb an dieser Stelle nicht differenzierbar. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, in etwas erschwerender Weise mit zwei Randableitungen zu arbeiten. Da jedes Wirtschaftssubjekt sein gesamtes Vermögen entweder ganz in Kasse oder ganz in Wertpapieren anlegt und da diese Entscheidungen nur von einem Vergleich der laufenden Zinsertragsrate mit der erwarteten Rate abhängt, die ihrerseits unabhängig von der Vermögensposition ist, ließ sich zeigen, daß die Mikrorelationen linear homogen in den einzelnen Vermögensaktiva sind. Eine analoge Eigenschaft liegt den abgeleiteten Makrorelationen zugrunde. Mit Hilfe eines Partialmodells des Geld- und Wertpapiermarkts konnten einige mutatis-mutandis-Relationen abgeleitet werden, die sowohl für die Ermittlung empirischer Geldnachfragefunktionen als auch für eine rationale Grundlegung geldpolitischer Maßnahmen von Bedeutung sind. Dies sind: die Zinsreaktionskurven aufgrund von Variationen der Geldmenge und die Zinsreaktionskurven aufgrund von entgegengerichteten Variationen der Geldmenge und der Zahl der Wertpapiere (Offenmarktoperationen).
Year of publication: |
1971
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---|---|
Authors: | Monissen, Hans G. |
Published in: |
Kredit und Kapital. - ISSN 0023-4591. - Vol. 4.1971, 1, p. 27-56
|
Publisher: |
Berlin : Duncker & Humblot |
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