Betriebswirtschaftliche und rechtskritische Analyse der Goodwillbilanzierung in Konzernabschlüssen von Unternehmen des SDAX
Vorwort: Seit dem Jahr 2004 sehen die International Financial Reporting Standards (IFRS) keine planmäßigen Abschreibungen des derivativen Goodwills mehr vor. Stattdessen ist jährlich ein Werthaltigkeitstest (impairment-only-approach) durchzuführen, um zu prüfen, ob der Buchwert beibehalten werden kann oder eine außerplanmäßige Abschreibung auf einen niedrigeren Wert geboten ist. Die IFRS sind für die Rechnungslegung von Konzernen mit Kapitalmarktorientierung relevant und gelten somit auch für kapitalmarktorientierte deutsche Konzerne, die zur Konzernrechnungslegung verpflichtet sind. Der Verzicht auf die planmäßige Abschreibung des Goodwills beinhaltet einen großen Bewertungsspielraum und bilanzpolitische Gestaltungsmöglichkeiten. Sie hat in den letzten Jahren zu ständig steigenden Bilanzwerten des Goodwills in den Konzernabschlüssen geführt, weil vergleichsweise hohe Kaufpreise für Unternehmen vereinbart und keine außerplanmäßigen Abschreibungen des Goodwills vorgenommen worden sind. Daraus folgte ein Anstieg des Eigenkapitals in den Konzernabschlüssen. Im Fokus der vorliegenden Master-Thesis stehen zwei zentrale Fragen. Zuerst wird analysiert, inwieweit der Verzicht auf Abschreibungen des Goodwills - ungeachtet des obligatorischen Werthaltigkeitstests - betriebswirtschaftlich gerechtfertigt werden kann. Diese Frage wird empirisch anhand von Rentabilitätskennzahlen deutscher Konzerne des SDAX über einen Zeitraum von zehn Jahren untersucht. Ausgehend von den Ergebnissen dieser empirischen Untersuchung wird anschließend erörtert, ob bezüglich der Folgebewertung des Goodwills eine Änderung der IFRS geboten ist. Neben der empirischen Untersuchung wird somit auch eine normative Untersuchung durchgeführt. Im Rahmen einer umfangreichen Literaturanalyse wird der aktuelle Forschungsstand dargelegt und erörtert. Die empirische Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass entweder kein Zusammenhang zwischen dem Goodwill und den Erfolgskennzahlen der Konzerne besteht oder ein solcher Zusammenhang nicht nachweisbar ist. Obwohl weniger als die Hälfte der untersuchten Konzerne im Untersuchungszeitraum einen im Mittelwert positiven Wertbeitrag erwirtschaften konnten, zeigen sie durch die unveränderten Buchwerte des Goodwills ein angeblich werthaltiges Synergiepotenzial. Aus dem aufgezeigten Widerspruch zwischen dem Anspruch der Entscheidungsnützlichkeit der Berichterstattung und den bilanzpolitischen Gestaltungsspielräumen wird die Notwendigkeit einer regulatorischen Änderung abgeleitet. Eine normative Lösung könnte die Wiedereinführung der planmäßigen Abschreibungen oder die Pflicht zur Durchführung eines Revisionsverfahren der DCF-Annahmen sein, die bei der Entstehung des Goodwills getroffen worden sind, wenn nach Ablauf der Detailplanungsphase weder eine positive Rendite oder noch ein positiver Wertbeitrag erzielt werden konnte.