Erfahrungen mit dem Bundesschatzbrief. Eine fiskalische Analyse
Der seit Anfang 1969 privaten Anlegern zum Kauf angebotene Bundesschatzbrief mit seinen beiden Erscheinungsformen vom Typ A und Typ B wurde ursprünglich für die Realisierung vermögenspolitischer Ziele konzipiert. Beachtung verdient dieser Schuldtitel, der besondere schuldentechnische Merkmale aufweist (gestaffelte Verzinsung, Gläubigerkündigungsrecht und Daueremission) jedoch nicht wegen dieser Zielsetzung, sondern wegen seines wachsenden (Finanzierungs-) Beitrags zur Deckung steigender Budgetdefizite in den vergangenen Jahren. Die auf den ersten Blick außerordentlich erfolgreiche Karriere dieses Schuldtitels des Bundes hat aber ihre fiskalischen Schattenseiten. Dies ergibt eine Detailanalyse, bei welcher die monatlichen Absatzergebnisse unter Beachtung der schuldentechnischen Besonderheiten des Bundesschatzbriefes mit der Zinsentwicklung auf dem Kreditmarkt in Verbindung gebracht werden. Es zeigt sich, daß bei der Ausgabe des Bundesschatzbriefes das Ziel der Zinskostenminimierung nicht hinreichend berücksichtigt wird. Den Anlegern werden "Super-Renditen" eingeräumt: Zum einen, weil ein Rendite-Abschlag für das auf Grund des Gläubigerkündigungsrechts entfallende Kursrisikos durchweg nicht angemessen kalkuliert wird, und zum zweiten, weil der Zinsentwicklung des Marktes durch eine entsprechende Ankündigungspraxis bei anstehenden Konditionenänderungen nicht zeitgleich gefolgt wird. Es zeigt sich außerdem, daß der Bundesschatzbrief ein liquiditätsmäßig unzuverlässiger Schuldtitel ist. Statt des mittels Dauermission erhofften kontinuierlichen Mittelzuflusses sind starke monatliche Absatzschwankungen sowohl bei den Brutto- Erlösen als auch bei den Netto-Erlösen auf Grund vorzeitiger Rückgaben zu verzeichnen. Der Grund: Die Anleger sind besser informiert und reagieren zinsempfindlicher als wohl erwartet. Dies zeigt sich insbesondere, wenn die Anleger bei steigendem Zinsniveau in höher verzinsliche Anlagen umsteigen, was auf Grund des eingeräumten Gläubigerkündigungsrechts risikolos möglich ist. Die vorzeitige Rücknahme der Schuldtitel wirkt sich wie eine automatische Kurspflege zu Lasten des Bundeshaushaltes aus - mit beachtlichen unerwünschten Liquiditäts- und Finanzierungszwängen, die letztlich nur durch zusätzliche Kosten abgewendet werden können. Die positiven Absatzergebnisse und Finanzierungsbeiträge des Bundesschatzbriefes haben also "ihren Preis",
Year of publication: |
1980
|
---|---|
Authors: | Dickertmann, Dietrich |
Published in: |
Kredit und Kapital. - ISSN 0023-4591. - Vol. 13.1980, 3, p. 411-448
|
Publisher: |
Berlin : Duncker & Humblot |
Saved in:
freely available
Saved in favorites
Similar items by person
-
Dickertmann, Dietrich, (1999)
-
Der Beihilfenbericht der Europäischen Kommission auf dem Prüfstand
Dickertmann, Dietrich, (2000)
-
Dickertmann, Dietrich, (2001)
- More ...