Haftung ex post versus Anreize ex ante: Einige Gedanken zur Umweltpolitik bei Unsicherheit
Haftung ex post und Anreize ex ante sind institutionelle Arrangements, mit denen gesellschaftliches Risikomanagement in der Umweltpolitik betrieben werden kann. Umweltrisiken beziehen sich auf die Inzidenz von Emissionen im Umweltsystem, die Diffusion und die Akkumulation von Schadstoffen, die Irreversibilität von Veränderungen im Umweltbereich und auf die Art der Enstehung von Emissionen. In dem Beitrag wird zwischen kontiniuierlich auftretenden Emissionen, Störfällen und Schäden bei der Nutzung von Gütern unterschieden. Wären bei kontinuierlich auftretenden Emissionen Geschädigter und Verursacher eine Person, so würden die Umweltrisiken im Entscheidungskalkül des einzigen Eigentümers berücksichtigt. Analog werden nach dem Coase-Theorem im Fall eines Geschädigten und eines Verursachers stochastische Umweltzustände in deterministische Werte transformiert. Im einfachen Coase-Fall gibt es auch keinen Unterschied zwischen den Fällen der Haftung und der Nicht-Haftung. Verläßt man die Welt von Coase, so trifft das Haftungsprinzip bei kontinuierlich auftretenden Emissionen auf eine Reihe von Problemen. Dazu zählen die kaum zu identifizierbare Kausalität zwischen allgemeinen Schäden und Emissionen eines einzelnen Verursachers infolge von Diffusion und infolge der Akkumulation in der Zeit, die Möglichkeit des Verursachers, die Transformation von stochastischen Eigenschaften der durch ihn verursachten Umweltschäden in Kompensationen zu unterlaufen(Gerichtsprozesse, Beschränkung der Haftung) und der Informationsvorsprung über Umweltrisiken bei regulierenden Stellen. Insgesamt darf man vermuten, daß das Haftungsprinzip bei kontinuierlichen Emissionen zu hohe Transaktionskosten verursacht und nicht eine Minimierung der gesamtwirtschaftlichen Kosten der Umweltnutzung bei Unsicherheit bringt. "Ex-ante"-Anreize lösen in einem formalen Sinn das Zuweisungsproblem, indem sie an den Emissionen ansetzen. Allerdings verlagert dieser Ansatz der "ex-ante-Anreize" das Zurechnungsproblem in die Bestimmung der anzustrebenden Umweltqualität und in die Umsetzung des Ziels in Maßnahmen. Damit übernimmt die Uraweltpolitik das Risiko falsch gesetzter Ziele und falsch gewählter Maßnahmen. Von daher stellt sich die Frage nach einer Vorsorge in der Umweltpolitik. Die Umweltpolitik muß Umweltrisiken der Zukunft antizipieren und in den heutigen Knappheitssignalen zum Ausdruck bringen. Dabei sind zukünftige Risiken abzudiskontieren, allerdings nicht bei strikten Irreversibilitäten. Bei den umweltpolitischen Instrumenten verdient das Gemeinlastprinzip die schlechteste Note. Ähnlich ungünstig wirken Subventionen. Beim Genehmigungsverfahren nach dem Stand der Technik ergibt sich das Problem, daß zu wenig Anreize für die Auffindung neuer Entsorgungstechnologien und neuer umweltfreundlicher Produktionstechnologien im Wirtschaftssystem vorhanden sind. Genehmigungsverfahren schreiben den Stand der Technik für lange Fristen fest und tragen damit von der Technologieseite her nicht zu einer Verbesserung der Umweltqualität bei. Die Umweltpolitik muß deshalb nach institutionellen Lösungen suchen, welche die Umweltrisiken zuweisen (Siebert 1982). Bei Störfällen sind "ex-ante"-Anreize kaum geeignet; hier empfiehlt sich das Haftungsprinzips. "Ex-ante"-Anreize im Sinne von Emissionssteuern oder Zertifikaten sind auch nicht bei Schäden durch Nutzung von Gütern zu empfehlen. Hier kommen Produktnormen (oder finanzielle Anreize zur relativen Bevorzugung) in Frage wie auch institutionalisierte Zulassungsverfahren bei neuen Gütern.
Year of publication: |
1987
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Authors: | Siebert, Horst |
Institutions: | Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, Universität Konstanz |
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