Die europäische Agrarpolitik führt zu schwerwiegenden Effizienzverlusten und hat Verteilungswirkungen, die gesamtwirtschaftlich kaum zu rechtfertigen sind. Anlaß für neuerliche Reformvorschläge der Kommission sind aber nicht diese Mängel der heutigen Politik, sondern die geplante EU-Erweiterung und daraus resultierende finanzielle Belastungen sowie 1999 anstehende WTO-Verhandlungen über eine weitere Handelsliberalisierung. Die im Rahmen der Agenda 2000 unterbreiteten Reformvorschläge sehen bei einigen Produkten zwar weitere administrative Preissenkungen vor; diese sollen aber, wie schon nach der Reform von 1992, durch steigende flächen- oder tierbezogene direkte Transfers kompensiert werden, wenn auch nicht in voller Höhe. Insgesamt sollen diese Direktzahlungen weiter ausgeweitet werden, obwohl eine stichhaltige ökonomische Begründung fehlt und z.B. in Deutschland schon 1995/96 die staatlichen Zahlungen an die Landwirtschaft etwa doppelt so hoch waren wie deren am Markt erwirtschaftete Einkommen. Anders als von politischer Seite behauptet, kommen die enormen Haushaltstransfers und die zusätzlichen Verbrauchertransfers, die eine Folge erhöhter Preise sind, nur zum geringeren Teil den wirtschaftenden Landwirten zugute. Abgesehen davon, daß als Folge der komplizierten und z.T. widersprüchlichen Anreize ein erheblicher Teil als Sickerverlust oder durch Betrug verlorengehen dürfte, führt der überwiegende Teil der von Landwirten empfangenen Transfers nur zu einer Erhöhung der Einkommen von Bodeneigentümern. Berücksichtigt man, daß in Deutschland mehr als die Hälfte der Fläche als Pachtland bewirtschaftet wird — mit deutlich steigender Tendenz — und daß der ganz überwiegende Teil der verpachteten Fläche Personen außerhalb der Landwirtschaft gehört, so wird die Fragwürdigkeit der gesamten Transferzahlungen deutlich. Da die hohen direkten Transferzahlungen inzwischen auch politisch Anstoß erregen, wird in der Agenda 2000 deren generelle Bindung an Umweltleistungen von Landwirten vorgeschlagen. Damit werden aber zwei völlig unterschiedliche Tatbestände vermischt: das Kompensationsziel und die Reduzierung von Umweltproblemen. Zwar wird nicht bezweifelt, daß punktuell ein Bedarf an weniger (intensiver) Landbewirtschaftung besteht, die dann gezielt honoriert werden kann; großenteils sind entsprechende Konflikte aber gerade eine Folge des Agrarschutzes. Der Abbau des Preisschutzes und die Begründung von Transferzahlungen mit daraus resultierenden positiven Umweltleistungen ist nicht gerechtfertigt und führt wiederum nur zur Erhöhung der Bodenrenten, also leistungsloser Einkommen. Sachgerecht wäre es, auch im Hinblick auf EU-Erweiterung und WTO-Verhandlungen, sowohl den Preisschutz als auch die Kompensationszahlungen vollständig abzubauen, da eine ökonomische Begründung wie z.B. Marktversagen fehlt. Würde man dabei einen Anpassungszeitraum von 5-7 Jahren zubilligen, so wäre auch dem Anspruch von Unternehmern auf Vertrauensschutz Genüge getan. Dies gilt zumindest dann, wenn man Parallelen zu anderen Sektoren zieht, in denen sich der Strukturwandel gravierend beschleunigt hat.