Der Boom der Biokraftstoffproduktion in den USA und seine Auswirkungen auf die Agrar- und Ernährungswirtschaft

Die Erwartungen an die Produktion von Kraftstoffen (Bioethanol und Biodiesel) aus nachwachsenden Rohstoffen waren hoch. Neben politisch-strategischen Zielen, hier ging es um die Reduzierung der Abhängigkeit von Ölimporten, waren auch ökologische und ökonomische Gesichtspunkte entscheidende Steuerungsfaktoren für den seit den 1990er Jahren zu beobachtenden Boom dieses Wirtschaftsbereiches. Die USA wurden Mitte dieses Jahrzehnts zum führenden Staat in der Erzeugung von Biokraftstoffen, wobei diese Spitzenstellung vor allem aus der Bioethanolsproduktion resultiert. Im Gegensatz zu Brasilien, wo Bioethanol ausschließlich aus Zuckerrohr gewonnen wird, ist in den USA zu etwa 85 % Körnermais der Rohstoff. Die stetig wachsende Nachfrage nach Körnermais für die laufenden, im Bau bzw. in Planung befindlichen Raffinerien hat dazu geführt, dass schon in wenigen Jahren 30 % und mehr der Maisernte für die Bioethanolproduktion eingesetzt werden müssen. Dies hat nicht nur weit reichende Konsequenzen für die Entwicklung der Marktpreise für Mais und Sojabohnen in den USA gehabt, sondern auch zu parallelen Entwicklungen auf dem Weltmarkt geführt. Dazu kam ein schneller Anstieg der Landpreise in den Zentren des Mais- und Sojabohnenanbaus, der zwar einerseits die Darlehensfähigkeit der Farmer erhöht hat, aber es andererseits jungen Farmern nahezu unmöglich macht, in die Farmwirtschaft einzusteigen. Besonders nachteilig hat sich die Erhöhung der Mais-, Sojabohnen und Getreidepreise in den Staaten der Dritten Welt ausgewirkt. Die Unruhen in Mexiko zu Beginn des Jahres 2007 und in Haiti im Jahr 2008 waren erste Indikatoren einer immer deutlicher werdenden Problematik, nämlich der nicht mehr gesicherten Versorgung einer weiterhin schnell wachsenden Bevölkerung in vielen Entwicklungsländern mit kostengünstigen Lebensmitteln. Zwar ist der Boom der Biokraftstofferzeugung nicht der alleinige Grund für das Problem, doch wird deutlich, dass es nicht länger zu verantworten ist, große Mengen an potenziellen Nahrungsmitteln für die Herstellung von Biokraftstoffen zu verwenden, insbesondere unter dem Aspekt einer eher dürftigen Ökobilanz. [...] (Quelle: ISPA)