Der Bremer Plan für ein europäisches Währungssystem: zurück nach Bretton Woods?
Die teilweise scharfen Wechselkursänderungen der letzten Zeit sind der "Preis" für die auf interne wirtschaftspolitische Ziele gerichtete unterschiedliche Geldpolitik in den einzelnen Ländern. Ein System festerer Wechselkurse in der EG gefährdet die internen wirtschaftspolitischen Ziele der Mitgliedsstaaten. So werden möglicherweise währungsstarke Länder zu einem übermäßig expansiven Kurs veranlaßt, der dem Ziel der Preisstabilität zuwiderläuft, und/ oder währungsschwache Länder auf einen übermäßig restriktiven Kurs gedrängt, der zu einer Stabilisierungskrise und einem vermeidbaren Beschäftigungseinbruch führt. Wird ein Teil der nationalen Währungsreserven bei einem Europäischen Währungsfonds (EWF) zusammengefaßt, so erhöht sich dadurch die Gefahr für die Stabilität in den währungsstarken Ländern. Denn der Fonds ermöglicht es währungsschwachen Ländern, stärker als bisher auf eine Expansion der Geldmenge in den währungsstarken Ländern hinzuwirken. Dem EWF liegt die These zugrunde, die Stabilität eines Wechselkursverbundes hänge von der Höhe der Interventionsmittel ab. Diese These ist falsch. Ein System fester Wechselkurse scheitert nicht daran, daß zuwenig Mittel zur Stabilisierung der Wechselkurse bereitstehen; es scheitert, wenn sich ein Widerspruch zwischen Wechselkursstabilität und internen wirtschaftspolitischen Zielen der beteiligten Länder ergibt — und diesen Widerspruch kann kein noch so großer Interventionsfonds beseitigen. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen muß bezweifelt werden, daß das neue Europäische Währungssystem (EWS) einen dauerhaften disziplinierenden Effekt auf die Wirtschaftspolitik der weniger stabilen EG-Länder ausüben kann. Diskretionäre Wechselkursänderungen im Rahmen des EWS sind wahrscheinlich mit stärkeren Marktstörungen verbunden als automatische Kursänderungen im System flexibler Wechselkurse. Die neue Europäische Währungseinheit trägt in ihrer gegenwärtig geplanten Form nicht zur Schaffung einer europäischen Einheitswährung (Währungsunion) bei. Sind Länder überhaupt dazu bereit, ihre Geldpolitik am Wechselkurs auszurichten, so besteht eine Alternative zum EWS im "österreichischen Weg" zur Wechselkursstabilität, bei dem bislang währungsschwache Länder ihren Wechselkurs gegenüber währungsstarken Ländern einseitig fixieren, ohne daß dazu ein neues Währungssystem geschaffen wird. Im Hinblick auf das Ziel einer Europäischen Währungsunion bietet sich als Alternative zu den bisherigen Versuchen der Parallelwährungsansatz an. Voraussetzung ist allerdings, daß auch tatsächlich der politische Wille zu einer europäischen Einheitswährung besteht.
Year of publication: |
1978
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Authors: | Lehment, Harmen |
Publisher: |
Kiel : Institut für Weltwirtschaft (IfW) |
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