Der Europäische Demokratiefonds zwischen Wunsch und Wirklichkeit: flexibel und unbürokratisch?
Im Juni 2012 hat die EU den Europäischen Demokratiefonds ( European Endowment for Democracy , EED) gegründet. Dessen Ziel ist es, prodemokratische Akteure vorerst in den Ländern der Europäischen Nachbarschaft zu unterstützen, und zwar schnell, flexibel, unbürokratisch und risikofreudig. Wunsch und Wirklichkeit liegen allerdings noch weit auseinander: Erstens besteht die Gefahr, dass die Einbindung aller relevanten EU-Institutionen und Mitgliedstaaten in die Entscheidungsstrukturen des Fonds zu schwerfälligen Aushandlungsprozessen führt und damit flexibles Handeln verhindert. Zweitens ist eine akteurszentrierte Demokratieförderung in komplexen Umbruchsituationen, wie der EED sie anstrebt, mit hohen Risiken behaftet. Drittens ist offen, wie die Komplementarität zu bestehenden EU-Instrumenten mit ähnlichen Aufgaben gesichert und die Fragmentierung von Fördertöpfen verhindert werden kann. Die Wirksamkeit des Fonds steht daher in Frage. Die Grundsatzentscheidung zu einer neuen Institution in der EU-Demokratieförderung ist gefallen – trotz laufender Reformen von anderen EU-Instrumenten, welche die Aufgaben des EED hätten übernehmen können. Damit der EED einen wirklichen Mehrwert wird bieten können, sind zahlreiche Schlüsselfragen zu klären. Die Ausgestaltung der strategischen und operativen Entscheidungs- und Vergabeverfahren liegt in den Händen des Stiftungsrats, der sich im September 2012 voraussichtlich erstmals konstituiert. Ziel sollte es sein, dass der EED einerseits flexibel politisch agieren kann; andererseits sollte eine langfristige Fortsetzung seiner operativen Tätigkeit in einem Zielland durch andere EU-Institutionen oder Mitgliedstaaten gewährleistet sein. Dafür sind folgende Aspekte von Bedeutung: Flexibilität in den Verfahren : Um Schwerfälligkeit zu vermeiden, müsste sich der Stiftungsrat aus dem operativen Geschäft des EED zurückhalten und sich auf die strategische Ausrichtung des EED konzentrieren. Dem zukünftigen Direktor kommt eine Schlüsselrolle zu, diese Aufgabenteilung zwischen Stiftungsrat und Vorstand abzusichern. Unterstützung statt Kontrolle: Die Mitgliedstaaten sollten entweder den EED stärker mit freiwilligen Beiträgen ausstatten oder aber ihre Stimmrechte im Stiftungsrat ruhen lassen. Je größer der finanzielle Handlungsspielraum und der politischen Rückhalt des EED, desto flexibler und risikoreicher kann er agieren. Kontextsensibilität: Der EED k ann gegenüber dem EIDHR ( European Instrument for Democracy and Human Rights ) und der EU-Fazilität für Zivilgesellschaft einen Mehrwert schaffen, wenn er in einem Zielland eng mit erfahrenen nichtstaatlichen Demokratieförderern zusammenarbeitet und mit diesen gemeinsam Defizite in der Förderung identifiziert. So kann auch eine Komplementarität mitanderen Demokratieförderern gesichert werden. Langfristige Förderung : Die Etablierung des EED sollte nicht dazu führen, dass sich EU-Mittel zugunsten von akteurszentrierten Maßnahmen und zu Lasten einer strukturell und institutionell ausgerichteten Politik verschieben. Die Wirkung des EED kann verpuffen, wenn eine klare politische Strategie fehlt. Daher sollten von Beginn an Möglichkeiten für eine langfristige Anschlussförderungausgelotet werden. Dies kann nur durch eine Verzahnung des EED mit bestehenden EU-Instrumentenoder anderen Gebern gelingen. Reform des EIDHR: Die bereits begonnene Reform des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) sollte fortgeführt werden. Schließlich sind dessen Defizite nicht einfach durch die Gründung einer neuen Institution beseitigt.