Die Finanzpolitik 1976 bis 1979 im Spannungsfeld zwischen Konjunkturstimulierung und Haushaltskonsolidierung
Die Finanzpolitik 1976 bis 1979 im Spannungsfeld zwischen Konjunkturstimulierung und Haushaltskonsolidierung Die Finanzpolitik der Bundesrepublik stand in den Jahren 1976 bis 1979 vor dem Konflikt, einerseits die bis 1975 stark angewachsene Öffentliche Neuverschuldung allmählich zu reduzieren, andererseits durch nachfragefördernde Maßnahmen die 1975 eingeleitete gesamtwirtschaftliche Erholung von der schweren Rezession 1974/75 zu stützen. Dieser Beitrag erörtert zunächst die Frage, inwieweit die Größenordnung der staatlichen Defizite im Untersuchungszeitraum diesen zumindest auf kürzere Sicht divergierenden Zielsetzungen gerecht wurde. Die Argumentation geht dahin, daß die Gebietskörperschaften - im nachhinein betrachtet - ihren Konsolidierungskurs 1976 überzogen und 1977 zugunsten erneut expansiverer Maßnahmen aussetzen. 1978 dürfte das öffentliche Defizit einen kreditmarkt- und nachfragepolitisch etwa angemessenen Umfang erreicht haben, während 1979 die gegebenen Chancen für eine leichte Verringerung der Neuverschuldnung nicht genutzt wurden. Ein weiterer Abschnitt untersucht, ob die Art und Weise der Haushaltskonsolidierung ziel- und situationsgerecht war. Aus realwirtschaftlicher Sicht ist es nämlich grundsätzlich möglich, durch Umstrukturierung der Staatseinnahmen und/oder der Staatsausgaben die restriktive Wirkung einer Haushaltskonsolidierung zu verringern. Wie die tatsächliche Entwicklung der einzelnen Ausgabenarten zeigt, ist es allerdings nicht gelungen, durch eine Veränderung der Ausgabenstruktur die restriktiven Wirkungen der Konsolidierung zu verringern. Zudem wurden zum Abbau der Defizite eher Ausgabeneinschränkungen als Steuererhöhungen vorgenommen, obwohl die restriktiven Wirkungen von Ausgabeneinschränkungen stärker sein dürften als die von Steuererhöhungen. Ausschlaggebend für diese Entscheidung war wohl - neben der Inflationsgefahr, die von Erhöhungen insbesondere der indirekten Steuern ausgehen kann - der Tatbestand, daß höhere steuerliche Belastungen angesichts der bereits inflations- und progressionsbedingt gestiegenen Abgabenlast bei der Lohn- und Einkommensteuer politisch kaum durchsetzbar waren. Aus geldwirtschaftlicher Sicht wäre es erforderlich gewesen, eine Umstrukturierung der Staatsschuld von längerfristigen zu eher kurzfristigen Papieren vorzunehmen, dabei möglichst marktfähige und/oder zentralbankfähige Papiere zu wählen und eine Plazierung möglichst bei privaten Haushalten anzustreben. Betrachtet man wiederum die tatsächliche Entwicklung, so muß man feststellen, daß die ergriffenen schuldenstrukturpolitischen Maßnahmen zwar im Ansatz geeignet waren, den Postulaten Rechnung zu tragen, daß sie vom Volumen her jedoch kaum Auswirkungen hatten und im Zeitablauf nicht konsequent durchgehalten wurden. In einem abschließenden Abschnitt wird gefragt, in welchem Umfang in den Jahren 1980 und 1981 voraussichtlich Spielraum für Konsolidierungsmaßnahmen bestehen wird.
Year of publication: |
1980
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---|---|
Authors: | Burret, Mario ; Fehr, Benedikt ; Müller, Reinhard ; Leibinger, Hans-Bodo ; Pauer, Gabriele ; Rohwer, Bernd |
Published in: |
Kredit und Kapital. - ISSN 0023-4591. - Vol. 13.1980, 4, p. 469-505
|
Publisher: |
Berlin : Duncker & Humblot |
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