Effektive Steuerbelastung der grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeit nach den Vorschlägen zur Reform der Unternehmensbesteuerung
Das Steuersenkungsgesetz stellt das größte Reformvorhaben auf dem Gebiet der direkten Steuern in Deutschland seit der Einführung des körperschaftsteuerlichen Anrechnungssystems zum 1.1.1977 dar. Vorgesehen sind eine Änderung des Steuersystems, eine Verringerung der Steuersätze sowie eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage. Das bestehende Vollanrechnungssystem soll durch ein Halbeinkünfteverfahren ersetzt werden, bei dem es sich im Grundsatz um ein klassisches Körperschaftsteuersystem handelt mit pauschaler Milderung der Doppelbelastung auf Anteilseignerebene. Die Steuertarife werden sowohl im Rahmen der Einkommensteuer als auch im Rahmen der Körperschaftsteuer gesenkt, künftig soll ein einheitlicher Körperschaftsteuersatz für einbehaltene und ausgeschüttete Gewinne von 25% gelten. Zur Gegenfinanzierung ist insbesondere eine Verschlechterung der Abschreibungsvorschriften vorgesehen, in dem die degressive Abschreibung auf 20% zurückgefahren wird, Gebäude nur noch mit 3% jährlich abschreibbar sind und im übrigen die steuerlichen Abschreibungszeiträume erheblich verlängert werden sollen. Die Reform muss sich letztlich daran beurteilen lassen, inwieweit die in sie gesetzten Ziele erreicht werden. Im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeit werden im wesentlichen drei Zielsetzungen genannt: Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen am Standort Deutschland, Stärkung der Attraktivität des Standorts Deutschland für inländische und ausländische Investoren sowie Sicherstellung eines europatauglichen Steuersystems. Die Überprüfung der Verwirklichung dieser Zielsetzungen auf der Grundlage eines international anerkannten Modells zur Quantifizierung von Steuerwirkungen (King-Fullerton-Ansatz) für Deutschland und die übrigen EU-Mitgliedstaaten brachte folgende Ergebnisse. Die Reform erfüllt die in sie gesetzten Ziele nur bedingt. Die Vorschläge können die internationale steuerliche Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen am Standort Deutschland im Einzelfall verbessern. Im Vergleich zu den übrigen EU-Mitgliedstaaten reduziert sich die Belastung in Deutschland aber nur auf ein durchschnittliches Niveau. Die Einführung eines Halbeinkünfteverfahrens macht das deutsche Körperschaftsteuersystem europatauglicher, da in- und ausländische Einkünfte gleich behandelt werden. Allerdings wird die Finanzierungsstruktur national tätiger Unternehmen verzerrt. Zudem geht die Beseitigung der Diskriminierung von Ausschüttungen ausländischer Unternehmen zu Lasten der Attraktivität des Standorts Deutschland für inländische Investoren. D. h. für deutsche Investoren werden Investitionen im europäischen Ausland attraktiver als Investitionen im eigenen Land. Auch aus der Sicht ausländischer bzw. europäischer Investoren vermindert sich die Attraktivität des Standorts Deutschland. Da für Auslandsinvestoren häufig die Ausschüttungsbelastung die relevante Belastung markiert, fallen die Tarifsenkungen zu gering aus und werden durch die Verschlechterung der steuerlichen Abschreibungsbedingungen (über-)kompensiert. Sofern niedrige Steuersätze eine Signalwirkung für Investitions- und Standortentscheidungen haben, könnten sich die steuerlichen Wettbewerbsverhältnisse des Standorts Deutschland jedoch verbessern.