Ein Strommarktdesign zur kostengünstigen Erreichung der langfristigen Klimaschutzziele
von Markus Peek, Robert Diels (r2b energy consulting GmbH, Köln) ; im Auftrag des Umweltbundesamtes ; Herausgeber: Umweltbundesamt ; Durchführung der Studie: R2b energy consultig GmbH, Köln ; Redaktion: Fachgebiet I 2.2 Energiestrategien und -szenarien, Thomas Klaus
Das heutige Marktdesign auf Basis eines ‚Energy Only‘-Marktes ist ohne Kapazitätsmechanismus grundsätzlich funktionsfähig und gewährleistet als optimierter EOM (EOM2.0)eine sichere und effiziente Versorgung der Verbraucher gemäß deren Präferenzen. Zentrale Elemente eines funktionie-renden EOM sind das Bilanzkreis-und Ausgleichsenergiesystem, die ausreichende Vorhaltung von Regelleistung sowie das sog. ‚peak load pricing‘. Sie schaffen Anreize für individuelle Leistungsvor-sorge und ermöglichen die Refinanzierung von Erzeugungskapazitäten und die Erschließung von Flexibilitätsoptionen, wie z.B. Lastmanagement, in einem für eine sichere und effiziente Stromver-sorgung erforderlichen Umfang. Eine Einführung von Kapazitätsmärkten ist daher nicht erforderlich.Eine umfängliche Anpassung durch ein neues Marktdesign mit Kapazitätsmärkten ist mit erhebli-chen Risiken, Transaktionskosten für Marktakteure und Herausforderungen der Etablierung eines adäquaten regulatorischen und rechtlichen Rahmens in Deutschland und Europa verbunden. Die Einführung von Kapazitätsmärkten hat somit –je nach Art des Kapazitätsmarktes –einen mehr oder weniger ausgeprägten experimentellen Charakter, so dass die Auswirkungen und sich in der Praxis ergebende Herausforderungen nur eingeschränkt absehbar sind. Die Analysen der alternativen Marktdesignoptionen mit Kapazitätsmechanismen zeigen, dass alle Kapazitätsmechanismen ihre spezifischen Ziele im Bereich Versorgungssicherheit grundsätzlich erreichen können. Mit zunehmen-der Intensität des staatlichen Eingriffs und der Regulierungstiefe sind allerdings auch erhebliche Ineffizienzen und Regulierungsrisiken gegeben.Wir empfehlen den ‚Energy Only‘-Markt beizubehalten und zeitnah Maßnahmen zu dessen Optimie-rung umzusetzen (EOM2.0). Insbesondere empfehlen wir eine Prüfung und Weiterentwicklung der Marktregeln des Bilanzkreis–und Ausgleichsenergiesystems und des Regelleistungsmarktes sowie einen Abbau von potenziellen Hemmnissen für die Erschließung von Nachfrageflexibilität und von weiteren Flexibilitätsoptionen.Für denpolitischenWunsch nach einer zusätzlichen Absicherung der Stromversorgung empfehlen wir die Einführung einer Kapazitätsreserveals Ergänzung des EOM2.0. So können auch Herausforde-rungen beim Ausstieg aus der Kernenergie, Verzögerungen beimerforderlichen Ausbau der Netzinf-rastruktur und der Vollendung des europäischen Binnenmarktes für Strom sowie dersukzessiven Umstellung des Erzeugungssystemsauf erneuerbare Energien (als eineKlimaschutzmaßnahme)in einer Übergangsphase adressiert werden.DieKapazitätsreserveist aus ordnungspolitischer Sicht von geringer Eingriffsintensität. Bei der Ausgestaltung der Kapazitätsreserve sollten insbesondere die Regeln bei der Beschaffung und beim Einsatz so ausgestaltet werden, dass Beeinträchtigungen des wettbewerblichen Strommarktes ausgeschlossen werden. Von zentraler Bedeutung ist hierfür ein striktes Vermarktungs-und Rückkehrverbot an wettbewerbliche(n)Strommärkte(n)für die Anlagen der Kapazitätsreserve (sog. ‚no way back‘-Regelung).