Zur Diskussion und Planung von Entwicklung wie auch konkreter Maßnahmen in ländlichen Gebieten in Entwicklungsländern ist ein Rahmenkonzept nötig, das die Kommunikation aller beteiligten Sektoren sowie länderübergreifende Verallgemeinerungen zulässt. Der Schwerpunkt muss zugleich auf Armut, Wirtschaftswachstum und Strukturwandel liegen. Dieser Beitrag stellt ein Modell vor, das diese Zwecke erfüllt. Ausgangspunkt ist das Modell der fünf ländlichen Welten (Five Rural Worlds, 5RW) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Es stellt die ländliche Bevölkerung in den Mittelpunkt und klassifiziert sie anhand einer Mehrkriterienanalyse von Ressourcenausstattung, Wettbewerbsfähigkeit, Wachstumschancen und Erfordernissen insbesondere im Hinblick auf Armut und Ernährungssicherung. Folgende ländliche Welten (RWs) werden unterschieden: 1) große gewerbliche landwirtschaftliche Haushalte und Betriebe, 2) traditionelle Landbesitzer und Betriebe, 3) landwirtschaftliche Subsistenz-Haushalte und Kleinstbetriebe, 4) landlose ländliche Haushalte und Kleinstbetriebe, 5) dauerhaft arme ländliche Haushalte (ohne familieneigene Arbeitskräfte). Diese Einteilung mag grob und ungenau sein, reicht aber in vielen Fällen zur Klärung der Grundannahmen aus. Sie ist einfach genug, um strategische Maßnahmen in ländlichen Gebieten grundlegend und sektorübergreifend zu diskutieren. Wir erweitern das OECD-Modell um Wechselwirkungen zwischen den RWs und zwischen diesen und der Außenwelt. Dadurch wird betont, dass ländliche Gebiete immer stärker in nationale und anderweitige Beziehungen eingebunden sind. So wird eine umfassende Debatte um diese Beziehungen und ihre Folgen möglich. Das angepasste RW-Modell bietet mehrere Vorteile: Die ländliche Bevölkerung wird nach gemeinsamen Hemmnissen, Erfordernissen und Chancen einer begrenzten Zahl allgemeiner Gruppen zugeordnet. Es betont die zentrale Rolle von Land und landwirtschaftlicher Technologie/Produktivität als Ausgangspunkt für Armutsbekämpfung, Ernährungssicherung und Wachstumschancen. Dabei schließt es andere mögliche Lebensgrundlagen nicht aus. Der Schwerpunkt liegt auf den ländlichen Armen und ihrem heterogenen Entwicklungspotenzial innerhalb und außerhalb der Landwirtschaft, insbesondere durch die Unterscheidung landloser und dauerhaft Armer, die bei Maßnahmen in der Landwirtschaft häufig ausgeschlossen (oder sogar geschädigt) werden. Es lassen sich nicht nur die direkten strategischen Maßnahmen für einzelne Zielgruppen, sondern auch indirekte Zweitrundeneffekte durch Wechselwirkungen erörtern. Das Modell weist auf die immer engeren Beziehungen zwischen ländlichen Bereichen und der übrigen Welt hin. Wir empfehlen das 5RW-Modell für die sektorübergreifende Planung der ländlichen Entwicklung in Entwicklungsländern sowie die multisektorielle Forschung, insbesondere im ländlichen Subsahara-Afrika (SSA). Wir sind uns bewusst, dass daneben auch die Perspektiven Gender und Umwelt einbezogen werden müssen. Diese lassen sich jedoch ohne Weiteres berücksichtigen.