Europäisierung der nationalen Zivilrechte: Renaissance des institutionellen Rechtsdenkens
Vorgestellt wird ein juristisches Modell, nach dem nicht die Rechtsnormen, sondern die sog. Institutionen die beherrschenden Faktoren der (richterlichen) Entscheidungsfindung sind. Hierbei werden einer institutionell gedeuteten Wirklichkeit normative Forderungen entnommen, die an die Stelle des bisherigen Gesetzes- und Richterrechts gesetzt werden. So lassen sich beliebige Weltanschauungen als geltendes Recht ausgeben. Die Anziehungskraft des institutionellen Rechtsdenkens ist ungebrochen. Das belegt anschaulich ein bemerkenswerter Beitrag aus dem europäischen Privatrecht, mit dem die bisherige juristische Methodenlehre in Deutschland revolutioniert werden soll. Vor diesem Hintergrund wird der facettenreiche Begriff der Institution in den Sozialwissenschaften und seine Bedeutung im Recht in den Blick genommen. Ideengeschichte und Nährboden des institutionellen Rechtsdenkens werden grob skizziert. Eine Gesamtschau einzelner Abarten zeigt die inhaltliche Beliebigkeit dieser Denkfigur. Das klassische Beispiel vom Wesen der Ehe verdeutlicht, daß die Ergebnisse des institutionellen Rechtsdenkens sich mit der jeweils zugrunde liegenden Weltanschauung wandeln. Durch eine orakelhafte sprachliche Verdunkelung und eine flexible Handhabung des schillernden Institutionenbegriffs werden die Institutionen zu uneingeschränkt manipulierbaren Leerformeln für beliebige Zwecke; die Institution liefert die jeweils zeitgerechte und erwünschte Ideologie im Gewand juristischer Wissenschaftlichkeit (Rüthers). Eine solche Rechtserfindung durch institutionelles Rechtsdenken verbietet sich wegen der Gesetzesbindung des Rechtsanwenders.