Frühsommer 2024 : konjunkturelle Erholung in Deutschland ohne Schwung
Torsten Schmidt, Almut Balleer, Niklas Benner, Boris Blagov, Maximilian Dirks, Niklas Isaak, Robin Jessen, Florian Kirsch, Stefan Kotz, Clara Krause, Marvin Nöller und Philip Schacht-Picozzi
Seit Beginn des Jahres erholt sich die deutsche Wirtschaft. Im ersten Quartal wurde das BIP gegenüber dem Vorquartal um 0,2% ausgeweitet. Dieses Plus dürfte die konjunkturelle Dynamik allerdings überzeichnen. So waren wichtige Nachfragekomponenten im ersten Quartal noch rückläufig, insbesondere der private Konsum. Die Nachfrage insgesamt dürfte zu Beginn des Jahres noch stark von Unsicherheiten bezüglich der Preisentwicklung und der Wirtschaftspolitik gedämpft worden sein. Auch die Ausrüstungsinvestitionen und die Investitionen in sonstige Anlagen, die zum großen Teil Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten beinhalten, sind im ersten Quartal weiter gesunken. Die konjunkturelle Erholung wird in den kommenden Quartalen wohl etwas an Schwung gewinnen. Dazu dürfte auch die von der EZB eingeleitete Zinswende beitragen. Dabei dürfte nach und nach die Binnennachfrage stärker ausgeweitet werden. Es ist zu erwarten, dass die privaten Haushalte ihre Konsumzurückhaltung aufgeben, da die real verfügbaren Einkommen weiter steigen. Angesichts wieder sinkender Zinsen dürften die Investitionen allmählich wieder ausgeweitet werden. Im Jahresdurchschnitt ist in diesem Jahr ein Anstieg des BIP von 0,4% zu erwarten. Dabei wird die konjunkturelle Dynamik durch den starken Unterhang unterzeichnet. Im Jahr 2025 nimmt das BIP voraussichtlich um 1,5% zu. Die Entwicklung des Arbeitsmarkts scheint weiterhin angespannt. Zwar stieg die Erwerbstätigkeit im ersten Quartal weiter und überschritt zum ersten Mal den Wert von 46 Millionen Erwerbstätigen im Inland, allerdings waren die Zuwächse im langjährigen Vergleich nur recht klein und gingen gleichzeitig mit einem ähnlich großen Anstieg der registrierten Arbeitslosigkeit einher. Da vorerst kein deutlicher Aufschwung zu erwarten ist, dürfte die Arbeitslosigkeit in den kommenden Monaten noch etwas steigen, bevor dann aber die wirtschaftliche Erholung und der Impuls aus der Arbeitskräfteknappheit für einen spürbaren Rückgang der Arbeitslosigkeit sorgen dürfte. Im Jahresdurchschnitt läge die Quote nach dieser Schätzung bei 5,9% (2024) bzw. 5,7% (2025). Die Finanzpolitik ist im Jahr 2024 restriktiv ausgerichtet. Dies bedeutet allerdings nicht, dass dem privaten Sektor in gleichem Maße Geld entzogen wird, denn der Rückgang des Finanzierungsdefizits ist zu einem großen Teil dem Wegfall der "Öl- und Gaspreisbremsen" zu verdanken. Im Jahr 2025 bleibt der Finanzierungssaldo in etwa konstant. Gleichzeitig schrumpft die negative Konjunkturkomponente, so dass der strukturelle Primärsaldo wieder abnimmt. Damit ist die Finanzpolitik im Jahr 2025 expansiv. Die Maastricht-Schuldenstandsquote der öffentlichen Haushalte dürfte von 63,6% Ende 2023 auf etwa 62,5% zum Ende des Jahres 2025 fallen.
Year of publication: |
2024
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Authors: | Schmidt, Torsten C. ; Balleer, Almut ; Benner, Niklas ; Blagov, Boris ; Dirks, Maximilian W. ; Isaak, Niklas ; Jessen, Robin ; Kirsch, Florian ; Kotz, Stefan ; Krause, Clara ; Nöller, Marvin ; Schacht-Picozzi, Philip |
Published in: |
RWI Konjunkturberichte. - Essen : RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e.V., ISSN 1861-6305, ZDB-ID 2871417-9. - Vol. 75.2024, 2, p. 37-74
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