Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands 2018
[Vorwort ...] In Kapitel A1 hat die Expertenkommission Leitlinien für die F&I-Politik in der neuen Legislaturperiode formuliert. Sie hält es für unerlässlich, der Digitalisierung eine deutlich höhere Priorität als bisher einzuräumen. Die Rahmenbedingungen für Internet und internetbasierte Technologien müssen deutlich verbessert werden; insbesondere steht die Bundesregierung in der Pflicht, E-Government und die digitale Infrastruktur auszubauen sowie digitale Bildung in der Breite zu fördern. Eine weitere zentrale Forderung für die neue Legislaturperiode ist, dass die Bundesregierung durch die Einführung einer steuerlichen FuE-Förderung wirksame Innovationsanreize für kleine und mittlere Unternehmen schafft und die Wachstumsmöglichkeiten von Start-ups weiter verbessert. Für die Stärkung des Wissenschaftssystems ist es zudem notwendig, ein auf mehrere Legislaturperioden angelegtes Nachfolgeprogramm für den Hochschulpakt zu initiieren. Der Pakt für Forschung und Innovation ist fortzuführen und künftig stärker auf den Erkenntnis- und Technologietransfer auszurichten. Innovationen können zu Konflikten zwischen unterschiedlichen Nachhaltigkeitszielen, wie Umweltqualität und soziale Gerechtigkeit, führen. In Kapitel A2 legt die Expertenkommission dar, dass solche Zielkonflikte nicht dazu führen dürfen, die F&I-Politik mit den Problemen einer systematischen Nachhaltigkeitsbewertung zu überfordern. Staatliche F&I-Politik muss auch künftig in der Lage sein, F&I-Aktivitäten technologieoffen fördern zu können. In Kapitel A3 nimmt die Expertenkommission die Einrichtung der Fachhochschulen bzw. Hochschulen für angewandte Wissenschaften (FHs/HAWs) vor 50 Jahren zum Anlass, diesen eigenständigen Hochschultyp kritisch zu würdigen. Die Expertenkommission stellt heraus, dass die FHs/HAWs eine wichtige Rolle im deutschen Hochschul- und Innovationssystem einnehmen. Sie empfiehlt, dass die FHs/HAWs und die Universitäten ihre eigenständigen Profile erhalten und diese gemäß den sich wandelnden Anforderungen spezifisch weiterentwickeln. Die Stärkung der digitalen Bildung in Deutschland wird in Kapitel A4 thematisiert. Die Expertenkommission betont, dass digitale Schlüsselkompetenzen eine wichtige Voraussetzung für Produktivitätswachstum und Innovation in etablierten und in neuen Branchen sind. Es ist daher von zentraler Bedeutung, digitale Schlüsselkompetenzen schon von der Grundschule an zu vermitteln. Es bedarf neben sehr guter IT-Ausstattungen auch eines hoch qualifizierten Lehrpersonals. In Deutschland ist beides nicht in ausreichendem Maße vorhanden. In Kapitel B1 analysiert die Expertenkommission die langfristige Entwicklung von Produktivität und Innovation. Diese Analyse greift Befürchtungen auf, dass sich das gesamtwirtschaftliche Produktivitätswachstum in vielen Ländern, so auch in Deutschland, seit mehreren Jahrzehnten und verstärkt seit Mitte der 1990er Jahre verlangsamt hat und auf Dauer keine Dynamik entfalten wird. Die Expertenkommission kommt zu der Einschätzung, dass das verlangsamte Produktivitätswachstum nicht auf eine einzelne Ursache zurückgeführt werden kann. Allerdings ist die Kommission zuversichtlich, dass insbesondere eine starke Grundlagenforschung in Kombination mit effektivem Erkenntnistransfer weiteres Produktivitätswachstum unterstützen kann. Wichtig ist ferner, die rasche Diffusion radikaler Innovationen und ihrer Folgeinnovationen durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen. Dies gilt aktuell insbesondere für die digitale Transformation, deren flächendeckende Umsetzung noch aussteht. Zudem muss ein regulatorisches Umfeld geschaffen werden, in dem ökonomische Akteure agil neue technologische Chancen aufgreifen, radikale Innovationen generieren und an den Markt bringen können. In Kapitel B2 analysiert die Expertenkommission die Herausforderungen der europäischen F&I-Politik. Ein zentrales Problem der Europäischen Union ist die sogenannte Innovationskluft zwischen Innovationsführern in Nord- und Mitteleuropa und den weniger innovationsstarken Mitgliedsstaaten in Süd- und Osteuropa. Ein effektiverer Einsatz der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds ist dringend erforderlich, um hier Fortschritte zu erzielen. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass die Forschungsförderung in den Rahmenprogrammen weiterhin am Exzellenzkriterium ausgerichtet ist. Die Europäische Kommission plant die Einrichtung eines European Innovation Council, für den die Expertenkommission derzeit keine ausreichende Begründung sieht. Die Bewältigung des Brexit stellt eine weitere große Aufgabe dar. Der Umgang mit diesen Herausforderungen wird durch die komplexen Strukturen der europäischen F&I-Politik erschwert. Die Expertenkommission sieht daher auch in der Konsolidierung und Vereinfachung der europäischen F&I-Strukturen eine wichtige Aufgabe, die Vorrang vor der Gründung neuer Institutionen im Bereich der F&I-Politik hat. In Kapitel B3 untersucht die Expertenkommission sogenannte autonome Systeme, eine bedeutsame Zukunftstechnologie. Autonome Systeme haben enorme Nutzenpotenziale für Wirtschaft und Gesellschaft. Um diese Potenziale besser ausschöpfen zu können, müssen neben komplexen technologischen Herausforderungen vor allem auch rechtliche Rahmenbedingungen zeitnah angepasst und neu gestaltet werden. Deutschland weist Stärken in der Grundlagenforschung und einigen Anwendungsbereichen auf, fällt in anderen Anwendungsfeldern autonomer Systeme allerdings hinter die Weltspitze zurück. Um Regierungshandeln in einem gesellschaftlichen Diskurs zu verankern und technologischen wie gesellschaftlichen Herausforderungen Rechnung zu tragen, empfiehlt die Expertenkommission u. a. die Einrichtung einer Enquete-Kommission. [...]
Year of publication: |
2018
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Institutions: | EFI - Expertenkommission Forschung und Innovation (contributor) |
Publisher: |
Berlin : Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) |
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