Internationale Migration : Anmerkungen aus der Sicht der Außenwirtschaftstheorie
von Wilhelm Kohler
Ausgangspunkt dieser Arbeit ist die Behauptung, dass der migrationspolitische Diskurs zu wenig auf die internationale Integration von Gütermärkten Bedacht nimmt. Die Debatte wird weitgehend arbeitsmarktökonomisch geführt, wobei der sogenannte "immigration surplus" für das Zuwanderungsland und die damit einhergehende Einkommensumverteilung im Zentrum stehen. Immigration ist ein Arbeitsangebotsschock, ihre Wirkungen hängen also entscheidend vom Verlauf der Arbeitsnachfragefunktion des Zuwanderungslandes ab. In dieser Arbeit wird gezeigt, dass die Arbeitsnachfragefunktion von Ländern, die über internationalen Handel in die Weltmärkte integriert sind, gänzlich anders verläuft, als jene von geschlossenen Ökonomien, wie sie in den Abhandlungen zum "immigration surplus" und den Verteilungswirkungen von Immigration typischerweise unterstellt werden. Sie weist flache Stellen auf, die den "immigration surplus" vereiteln können. Grössenvorteile können den "immigration surplus" erhöhen, bergen aber die Gefahr von negativen Wohlstandseffekten durch eine migrationsbedingte Reallokation der Faktoren. Die Erwartung eines "immigration surplus" bedingt flexible Löhne. Bei Lohnrigiditäten stellt sich die Immigration aus der Sicht der Zuwanderungslandes typischerweise wesentlich problematischer dar als bei perfekten Arbeitsmärkten. Auch hier zeigt sich jedoch, dass die internationale Gütermarktintegration einen entscheidenden Unterschied macht. Sie kann das Unterbeschäftigungsproblem als solches entweder lindern oder verschärfen. Existieren zwei Immigrationsländer mit unterschedlichen ARbeitsmarktinstitutionen (USA-Europa), so hat Immigration und Immigrationspolitik des Landes mit funktionierenden Arbeitsmärkten erhebliche Auswirkungen auf das Land mit rigiden Arbeitsmärkten.