Der Vorwurf von Globalisierungsgegnern, der IWF und die Weltbank trügen einen wesentlichen Teil der Verantwortung für weltweite Armut und gehäufte Finanzkrisen, ist nicht haltbar. Der Einfluss der Bretton- Woods-Institutionen auf die Wirtschaftspolitik und die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Mitglieder ist erheblich geringer als häufig unterstellt wird. Aber auch an ihren eigenen Ansprüchen gemessen ist die Erfolgsbilanz von IWF und Weltbank recht dürftig. Eine Reform beider Institutionen ist dringend geboten. Statt sich auf ihre Kernkompetenzen bei der makroökonomischen und finanziellen Stabilisierung (IWF) bzw. der Armutsbekämpfung (Weltbank) zu konzentrieren, waren beide Institutionen bestrebt, ihren Aufgabenbereich auszuweiten. Die Arbeitsteilung zwischen ihnen verwischte sich dadurch zunehmend. Der Versuch beider Institutionen, in den Mitgliedsländern wirtschaftspolitische Reformen durchzusetzen, indem finanzielle Hilfe an Bedingungen (Konditionalität) geknüpft wurde, hat sich als wenig wirksam erwiesen. Die in Washington konzipierten Reformprogramme sind von den Mitgliedsländern häufig nicht implementiert worden. Der Erkenntnis, dass Entwicklungshilfe nur dann gesamtwirtschaftliche Wachstumsprozesse begünstigt und Armutsprobleme lindert, wenn sie auf arme Länder mit guter Wirtschaftspolitik konzentriert wird, ist von der Weltbank in der täglichen Praxis bisher kaum Rechnung getragen worden. Die Erfolgsmeldungen über positive Projektergebnisse können nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein produktiver Ressourceneinsatz wegen der Austauschbarkeit von Projektmitteln (Fungibilität) im Empfängerland nicht gewährleistet ist. Die Behauptung der Weltbank, ihre Finanzhilfen seien in jüngster Vergangenheit verstärkt Ländern mit guter Wirtschaftspolitik zugeflossen, stellt sich als falsch heraus, sobald man die irreführenden statistischen Durchschnittsangaben der Weltbank um zwei Sonderfälle (Kap Verde und Honduras) korrigiert. Die Konditionalität des IWF hat selbst dort keine unzweifelhaften Erfolge aufzuweisen, wo sie - wie bei der Inflationsbekämpfung und dem Abbau von Leistungsbilanzdefiziten - am ehesten zu erwarten gewesen wären. In den neunziger Jahren sind mehr IWFProgramme gescheitert als in den Jahren zuvor. Ein Grund könnte darin liegen, dass die Hauptanteilseigner den Entwicklungsländern eine stärkere Mitsprache in den Entscheidungsprozessen im IWF verweigern. Dem Vorwurf, die Lasten der Krisenbewältigung einseitig auf die betroffenen Länder geschoben zu haben, ist erst kürzlich Rechnung getragen worden. Ob sich der Vorschlag der Geschäftsführung des IWF, die privaten Gläubiger in ein "Insolvenzverfahren" zur Überwindung von Überschuldung einzubinden, durchsetzen lässt, ist weiterhin offen. Die Weltbank muss ihren traditionellen Auftrag der Armutsbekämpfung effektiver als bisher erfüllen. Die länderbezogene Armutsbekämpfung sollte auf eigenständig konzipierten Reformprogrammen der Entwicklungsländer basieren. Bei der Bereitstellung armutsrelevanter Leistungen mit dem Charakter internationaler öffentlicher Güter - wie der Aids-Bekämpfung - könnte die Weltbank eine finanzielle Mittlerfunktion wahrnehmen. Der IWF müsste sich auf die Stabilisierung der internationalen Finanzmärkte konzentrieren und armutsrelevante Aufgaben der Weltbank überlassen. Die nachträgliche Konditionalität des IWF sollte soweit wie möglich durch vorab festgelegte Qualifizierungskriterien ersetzt werden. Die Kreditbedingungen wären zudem so zu staffeln, dass eine dauerhafte Inanspruchnahme von Finanzhilfen entmutigt wird. Schließlich hat der IWF dabei mitzuwirken, durch seine Überwachungsaktivitäten und verbesserte Frühwarnsysteme Finanz- und Währungskrisen möglichst zu vermeiden.