Klima-Szenarioanalysen in Banken : Möglichkeiten und Grenzen finanzaufsichtlich motivierter Klima-Szenarioanalysen mit Fokus auf das Transitionsrisiko im Kreditportfolio der Banken : Forschungsbericht
von Marco Wilkens, Johannes Leister (Universität Augsburg) ; im Auftrag des Umweltbundesamtes ; Herausgeber: Umweltbundesamt ; Durchführung der Studie: Universität Augsburg - Lehrstuhl für Finanz- und Bankwirtschaft ; Fachbegleitung: I 1.4 „Wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Umweltfragen, nachhaltiger Konsum“, Dennis Zagermann
Klima-Szenarioanalysen zur Abschätzung der Risiken im Kreditgeschäft der Banken werden immer populärer. Damit verbunden ergibt sich die Frage, welche Möglichkeiten und Grenzen mit solchen Szenarioanalysen einhergehen und wofür sie daher eingesetzt werden können und sollten. Aufsichtlich motivierte Klima-Szenarioanalysen bauen in methodischer Hinsicht auf „traditionellen Szenarioanalysen“ zur Einschätzung von Markt- und Konjunkturrisiken auf, sind aber wesentlich komplexer. Das liegt insbesondere an der Notwendigkeit der Modellierung des Zusammenhangs von Klimadaten und makroökonomischen Daten und dem deutlich längeren Betrachtungszeitraum. Hinzu kommt, dass für die Abbildung von Klimarisiken sehr wenige empirische Daten vorliegen, die für die ökonometrischen Modellierungen relevanter Zusammenhänge eigentlich benötigt werden. Darüber hinaus ist bei diesen langen Zeiträumen eigentlich zu berücksichtigen, wie Banken sowie ihrer Kundschaft im Zeitverlauf handeln. Die Berücksichtigung daraus resultierender dynamischer Bankbilanzen führt aber wiederum dazu, dass die Ergebnisse zwischen den Banken kaum vergleichbar sind. Die denkbaren und aktuell diskutierten Einsatzmöglichkeiten der Klima-Szenarioanalysen sind vielfältig. Insbesondere die Sensibilisierung für Klimarisiken in Verbindung mit der Generierung neuer Daten und Modelle bzw. Modellkomponenten zur Abbildung transitorischer Risiken erscheint uns aktuell zentral. Aber auch die verbundenen Signaling-Funktionen sind nicht zu unterschätzen. Natürlich wird mit Klima-Szenarioanalysen auch das eigentliche Ziel erreicht, nämlich die aufsichtliche Einschätzung der Klimarisiken einzelner Kredite und der Kreditportfolios von Banken. Allerdings geht es hier unseres Erachtens eher um eine relative Abschätzung der klimabedingten Risiken zwischen den Banken als um eine bezüglich der Ergebnisgrößen realistische und umfassende Abschätzung der klimabedingten Kreditrisiken einzelner Banken. Diese können dann aber sehr gut als Basis für eine genauere Betrachtung der „Ausreißer-Banken“ genutzt werden. Zugleich ergeben sich wichtige Erkenntnisse für die Risiken des Banken- bzw. Finanz- und Wirtschaftssystems insgesamt. Prinzipiell wäre es auch vorstellbar, dass die Ergebnisse der Klima-Szenarioanalysen zur Berechnung von Eigenkapitalunterlegungen herangezogen werden, insbesondere im Zusammenhang mit der Säule II, ggf. sogar der Säule I der Basel III-Regulierung. Sicher werden auch die bankinternen Abschätzungen der klimabedingten Kreditrisiken von den Klima-Szenarioanalysen profitieren. Da es aber nicht das Ziel von Klima-Szenarioanalysen ist, (klimabedingte) Kreditrisiken umfänglich zu quantifizieren, sollten die Erwartungen daran nicht zu hoch sein. Auch das Potenzial für eine nennenswerte Neuausrichtung der Konditionen für „braune“ versus „grüne“ Kredite und daraus resultierende Steuerungsimpulse für die Transformation der Wirtschaft sehen wir als begrenzt an. Zusammenfassend sehen wir Klima-Szenarioanalysen als eines von mehreren wichtigen Tools an, um sowohl die Finanzindustrie als auch die Realwirtschaft in Richtung Green Economy zu transformieren.