Konstruktionsfehler von festen Wechselkurssystemen: Die Europäische Währungsunion als Musterbeispiel?
Wechselkurssysteme werden als Mittel der Wirtschaftspolitik eingesetzt. So war es auch bei der Europäischen Währungsunion. Die Notwendigkeit dazu leiteten die Gründungsväter aus der wirtschaftspolitischen Realität der 'Nach-Bretton-Woods-Ära' ab. Bereits im Zuge des Abkommens der Staats- und Regierungschefs von Den Haag (1969) sollte die Europäische Gemeinschaft zu einer Wirtschafts- und Währungsunion ausgebaut werden, sodass auch auf dem Gebiet der Währungspolitik eine intensivere Zusammenarbeit anzustreben war. Darüber hinaus wurde schnell deutlich, dass sich Probleme für eine nationale Wirtschaftspolitik auch durch flexible Wechselkurse ergaben. Es wurden daher Lösungen angestrebt, die die Vorteile von flexiblen und festen Wechselkursen zu verbinden suchten. Als Ergebnis der genannten Überlegungen gingen die Staaten der EG 1972 zunächst zu einem gemeinsamen Floaten (so genanntes Blockfloaten) gegenüber dem US-Dollar über: Dieses Floaten des Wechselkursverbundes wird bildhaft mit einer 'Schlange im Tunnel' beschrieben. Dabei bilden die Wände des Tunnels den Rahmen in dem sich die einzelnen Währungen bewegen. Zwischen den Währungen der EG-Staaten, also im Innenverhältnis bzw. im Tunnel, bestanden stabile Paritäten (interne Wechselkursbindung). Den Rahmen (die Wand des Tunnels) bildete der Wechselkurs zum US-Dollar, der die höchstzulässige Abweichung beschrieb. Im Verlauf der 70er-Jahre ergab sich, dass auf Grund der mangelnden Koordinierung der nationalen Wirtschaftspolitiken der Teilnehmerkreis stark schwankte: die zwischen den Staaten vereinbarten Wechselkurse konnten auf Dauer nicht gehalten werden. In einer Weiterentwicklung der Währungsschlange wurde schließlich am 13. März 1979 das Europäische Währungssystem (EWS) errichtet. Ziel war es, die Wechselkurse zwischen den Währungen der EG-Staaten zu stabilisieren, da die EG-Mitgliedschaft mit der Mitgliedschaft im EWS verbunden war. Ausnahmen stellten etwa Großbritannien, Schweden und Griechenland dar. Dadurch sollte eine stabile Währungszone im ökonomischen Kernbereich Europas geschaffen werden. Die Wahl des 'richtigen' Wechselkurssystems wird damit auch zu einem wichtigen Instrument der nationalen Wirtschaftspolitik - etwa zum Ausgleich realer Fehlentwicklungen. Nicht nur für die traditionellen Industriestaaten, sondern auch für die Entwicklungs- und Schwellenländer hat die Wahl des Wechselkurssystems besondere ökonomische Relevanz. Da in diesen Staaten die Güter- und Finanzmärkte i. d. R. noch nicht flexibel genug sind, wird hier häufig der Versuch unternommen, exogene Schocks durch Wechselkursveränderungen (Aufwertung oder Abwertung der eigenen Währung, Wahl eines anderen Wechselkurssystems) zu mildern oder vollständig auszuschalten und damit die Währungsrelation als wichtiges Instrument der nationalen Wirtschaftspolitik zu verwenden. Wie werden nun Wechselkurse 'organisiert', damit sie den wirtschaftlichen Interessen des Einzelstaates dienen können? Und wo können Konstruktionsfehler solcher Systeme sein? Das Augenmerk soll dabei auf feste Formen von Wechselkurssystemen liegen.