Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union (EU) haben auf ihrem außerordentlichen Treffen zehn Tage nach den terroristischen Anschlägen in New York und Washington. Entschlossenheit demonstriert, den Kampf gegen Terrorismus mehr denn je zu einem vorrangigen Ziel der EU zu machen. Eine Debatte, welche Konsequenzen die Ereignisse des 11. September 2001 für die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) und damit für die Aufgaben und Strukturen der angestrebten 60 000 Mann starken Europäischen Krisenreaktionskräfte haben, steht dagegen noch aus. Dabei besteht Handlungsbedarf, denn die EU beabsichtigt, 2003 ihre volle Einsatzbereitschaft für die Petersberg-Aufgaben zu erklären, die von humanitären Aufgaben bis hin zu Kampfeinsätzen reichen. Die Studie untersucht daher vordringlich: Welche Mittel und Fähigkeiten besitzt Europa im Kampf gegen weltweiten Terrorismus? Was sind Spezialkräfte und welche Aufgaben und Einsatzprinzipien haben sie? Über welchen Umfang an Spezialkräften verfügen die EU-Mitgliedstaaten, die EU-Beitrittskandidaten und die USA, und gab es bereits gemeinsame Einsätze? Was sind die politischen und operationellen Faktoren, damit die EU möglichst bald Spezialkräfte einsetzen kann? Warum könnten diese ein vorrangiger Nukleus der Europäischen Krisenreaktionskräfte sein, die ab 2003 glaubwürdig einsetzbar sein sollen? Die Analyse zeigt, dass militärische Spezialkräfte als Elitetruppen der Streitkräfte sowohl auf dem Balkan durch die Festnahme von mutmaßlichen Kriegsverbrechern und kurzfristige Evakuierungen von Bürgern aus kriegerischem Umfeld als auch in Afghanistan durch das Vorgehen gegen Terroristen erstmals das Interesse einer breiteren Öffentlichkeit erfahren haben. Sie erfüllen ein Aufgabenspektrum, für das konventionelle Krisenreaktionskräfte nicht vorgesehen sind. Seit sechs Jahren verfügen alle EU-Mitgliedstaaten bis auf Finnland, Schweden, Österreich und Luxemburg über derartige Einsatzkräfte: insgesamt ein Kontingent von 3000 Mann, ergänzt um 6000 aus dem unmittelbaren Unterstützungsbereich. Die EU-Beitrittskandidaten können zusätzlich zusammen 300 Einsatzkräfte stellen. Weder die Petersberg-Aufgaben noch die daraus abgeleiteten Szenarien, von Evakuierungen bis hin zur gewaltsamen Trennung von Konfliktparteien, sehen bisher diese modernst ausgerüsteten und in kürzester Zeit verfügbaren Elitetruppen vor. Dabei sind die Fähigkeiten von Spezialkräften von aktueller Bedeutung und Notwendigkeit. Sie umfassen den Schutz eigener konventioneller Streitkräfte und Personen gegen "subversive Kräfte" ebenso wie die Gewinnung von Schlüsselinformationen in Krisen- und Konfliktgebieten. Das Aufgabenspektrum der Spezialkräfte ist damit nicht auf den Kampf gegen Terrorismus beschränkt. Die Studie schliesst mit wesentlichen politischen und operationellen Empfehlungen für einen Einsatz von Spezialkräften durch die EU. Diese lauten u.a.: Die Aufgabe "Bekämpfung von Terrorismus" sollte Bestandteil der ESVP werden. Dies könnte durch eine Überarbeitung der Formulierungen oder durch ein erklärtes neues und damit nach dem 11. September 2001 erweitertes Verständnis der Petersberg-Aufgaben erfolgen. Letzteres würde keine Veränderung des EU-Vertrages bedingen. Einsätze von Spezialkräften sind oft zeitkritisch und bedürfen stets der Engführung durch die politischen Entscheidungsträger. Es besteht daher Bedarf, über Entscheidungsverfahren der EU nachzudenken, die den nationalen Modi für Spezialkräfte entsprechen und Entscheidungen sowie Planungen auch innerhalb kürzester Zeit, zum Beispiel zwölf Stunden, sicherstellen können. Das Aufgabenspektrum, die schnelle Verfügbarkeit und die hochmoderne Ausrüstung von Spezialkräften sollten genutzt werden, um den 3000 Mann der europäischen Einsatzkräfte im Jahr 2003 eine erste Priorität als EU-Spezialtruppe zu geben. Denn diese könnten wesentlich früher, glaubwürdiger und finanziell machbarer als die 60 000 Mann der konventionellen ESVP-Kräfte der EU eingesetzt werden, d