Mobilität unter neuen Vorzeichen: Was den Wandel in Individualverkehr und Logistik treibt
Günter Knieps, Universität Freiburg, zeigt, dass die Fortschritte der Digitalisierung und der damit einhergehende Übergang zu intelligenten Netzsektoren für die zukünftigen europäischen Verkehrsmärkte von zentraler Bedeutung sind. Um die großen Potenziale digitaler Mobilitätsdienstleistungen mit dem Ziel einer massiven Reduktion von CO2-Emissionen auszuschöpfen, sei die Transformation zu Big-Data-getriebenen intelligenten Transportnetzen von besonderer Bedeutung. Die Verkehrsverlagerung auf die Eisenbahn ist für die nächsten Jahrzehnte als Maßnahme gegen den Klimawandel unverzichtbar. Trotzdem gelingt es dem Personen- und Güterverkehr auf der Schiene nicht, Marktanteile zu gewinnen. Christian Böttger, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, beleuchtet die Gründe und diskutiert den bestehenden Handlungsbedarf. Es sei kaum zu bestreiten, dass die investive Vernachlässigung des Netzes eine zentrale Ursache sei. Aber es gebe auch erhebliches Reformpotenzial beim Unternehmen DB AG selbst: Entscheidungen seien zu stark zentralisiert und die Bürokratie sei stetig gewachsen. Die DB AG sollte verpflichtet werden, transparenter als heute über Aktivitäten und wirtschaftliche Erfolge zu berichten. Carl Friedrich Eckhardt, BMW Group, plädiert für eine dynamische, d.h. auslastungsabhängige und nach Flächeninanspruchnahme differenzierende Preissteuerung im ruhenden und fließenden Straßenverkehr. So könnte eine Markträumung erwirkt und Parkdruck und Staus eliminiert werden. Dieses Konzept sei Dank der Digitalisierung umsetzbar. Im Ergebnis steige die Effizienz, und der Bedarf an Straßenflächen sinke. Zur Senkung des weltweiten CO2-Ausstoßes wäre ein genereller, einheitlicher CO2-Preis, der möglichst großräumig und über alle CO2 ausstoßenden Sektoren gilt, eine effiziente Maßnahme. Das bedeute aber nicht, nach einer Analyse von Oliver Falck und Anita Wölfl, ifo Institut, dass Städte keine Maßnahmen zur Steuerung des motorisierten Individualverkehrs ergreifen sollten. Um vor allem zur Lösung lokaler Probleme, wie die Reduktion von Staus oder die Verteilung des knappen Platzes in Städten auf verschiedene Verwendungen, beizutragen, sei eine Anti-Stau-Gebühr eine wirksame Maßnahme. Die Reduktion von CO2-Emissionen sei dabei ein positiver Nebeneffekt. Andreas Knie, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, geht davon aus, dass sich durch die jahrelange Fokussierung auf das Auto die Gesellschaft so verändert hat, dass der öffentliche Verkehr mit seinen Angeboten strukturell nicht mehr als Alternative wahrgenommen wird. Ohne eine grundlegende Reform könne der öffentliche Verkehr daher seine strategische Funktion als die Alternative zum Auto nicht erfüllen. Heike van Hoorn, Deutsches Verkehrsforum, sieht drei Megatrends, die den Wandel des Verkehrs- und Logistiksektors treiben: das Bemühen um Nachhaltigkeit, die Digitalisierung und der demografische Wandel. Die Frage sei, ob die deutsche Politik die richtigen politischen Rahmenbedingungen setze, um in diesen Transformationsfeldern bestehen zu können. Man sei zwar in vielen Bereichen auf dem richtigen Weg, aber in der Summe sei es noch zu wenig und zu langsam.
Year of publication: |
2023
|
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Authors: | Böttger, Christian ; Eckhardt, Carl Friedrich ; Falck, Oliver ; van Hoorn, Heike ; Knie, Andreas ; Knieps, Günter ; Wölfl, Anita |
Published in: |
ifo Schnelldienst. - ISSN 0018-974X. - Vol. 76.2023, 06, p. 03-21
|
Publisher: |
München : ifo Institut - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München |
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