Monetäre Wirkungen eines Multiwährungs-Interventionssystems mit Saldenausgleich
Monetäre Wirkungen eines Multiwährungs-Interventionssystems mit Saldenausgleich - Untersucht am Beispiel der europäischen Währungs-Schlange Durch den Übergang zum Blockfloating in der EWG haben die beteiligten Länder einen wesentlichen Teil ihrer stabilitätspolitischen Autonomie zurückgewonnen. Jedoch kann keine Rede davon sein, daß damit die nationale Geldpolitik völlig unabhängig von der monetären Entwicklung in den europäischen Partnerländern geworden sei. Dies beruht wesentlich darauf, daß die innerhalb der Gemeinschaft geltenden Interventions- und Saldenausgleichsvereinbarungen unter bestimmten Voraussetzungen direkte und gewissermaßen "automatische" Konsequenzen für die Liquiditätsversorgung in Gemeinschaftswährungen und damit für die Geldpolitik der betroffenen Länder haben können. Mit den monetären Wirkungen eines solchen Systems, wie es seit 1972 in der EWG besteht, beschäftigt sich die vorliegende Abhandlung. Sie betrachtet zunächst die grundsätzliche Funktionsweise des Systems der Euro-Schlange. Anschließend werden die Effekte untersucht, die von diesem System auf die internationale Geldversorgung ausgehen können. Dabei werden anhand eines vereinfachten Beispiels zunächst die Wirkungen bei normalem Ablauf des Systems und danach bei Anwendung verschiedener Ausnahmeregelungen analysiert. Es ergibt sich, daß in den meisten Fällen auch nach der Finanzierung des Saldenausgleichs nicht unerhebliche expansive oder kontraktive Nettoeffekte auf den internationalen Geldumlauf in den betroffenen Währungen verbleiben ("reine Netto-Liquiditäts-Effekte"). In einigen Fällen treten zwischenzeitlich Liquidisierungs- bzw. Liquiditätsentzugseffekte auf, die jedoch durch die Art der Finanzierung des Saldenausgleichs wieder rückgängig gemacht werden ("timelag- Effekte"). Diese Veränderungen der internationalen Geldversorgung mit Gemeinschaftswährungen schlagen nun in vollem Maße auf die nationale Geldversorgung durch. Aus der Sicht der geldpolitischen Instanzen dürften die Netto- Liquiditäts-Effekte ebenso wie die time-lag-Effekte in der Regel unerwünscht sein, da sie eine Durchkreuzung der geldpolitischen Strategie bedeuten; lediglich in gewissen Sonderfällen könnten die Wirkungen der Euro-Schlange als willkommen angesehen werden. Es stellt sich damit die Frage, ob die Zentralbanken der betroffenen Länder versuchen sollten, die Effekte des Systems zu verhindern oder zu kompensieren. Während dies bei den time-lag-Effekten kaum erfolgversprechend erscheint, sind geldpolitische Maßnahmen gegen die Netto-Liquiditäts-Effekte durchaus möglich. Damit werden aber nur die Wirkungen, nicht die Ursachen der Interventionen beeinflußt, und es besteht die Gefahr einer Wiederholung des gesamten Prozesses. Wechselkurspolitische Maßnahmen könnten zwar ein Gegenmittel darstellen, würden jedoch das System selbst sprengen. Letztlich wirft das System der Euro-Schlange das alte Problem der Unvereinbarkeit von festen Wechselkursen einerseits und unterschiedlicher Wirtschaftsentwicklung in verschiedenen Ländern andererseits von neuem auf. In seiner gegenwärtigen unzureichenden Form dürfte es auch in Zukunft eher zu einer Gefährdung als zu einer Stärkung der europäischen Integration beitragen.
Year of publication: |
1975
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---|---|
Authors: | Caesar, Rolf |
Published in: |
Kredit und Kapital. - ISSN 0023-4591. - Vol. 8.1975, 1, p. 91-122
|
Publisher: |
Berlin : Duncker & Humblot |
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