Optionen für eine CO2-Preisreform
Die deutsche Klimapolitik benötigt eine grundlegende Neuausrichtung. Deutschland muss im Rahmen der EU-Lastenteilungsverordnung bis 2030 seine Emissionen im Verkehrs-, Gebäude- und Landwirtschaftssektor sowie in Teilen des Industrie- und Energiesektors um 38 Prozent gegenüber 2005 vermindern, sonst drohen erhebliche Strafzahlungen. Das erfordert einen deutlich steileren CO2-Reduktionspfad als in den vergangenen Jahren. Die Regierung plant daher, bis zum Ende des Jahres ein Klimaschutzgesetz zu verabschieden. Mit der aktuellen Ausrichtung von Energiewende und Klimapolitik kann dieses Ziel allerdings nicht erreicht werden, weil die bestehenden ökonomischen Anreize unzureichend sind und für Investoren und Innovatoren erhebliche Unsicherheiten über die zukünftige Ausrichtung der Klimapolitik bestehen. Außerdem sind die bisherigen Maßnahmen sozial unausgewogen. Der klimapolitische Rahmen muss dringend auf das zentrale Ziel ausgerichtet werden, also das Vermeiden von CO2-Emissionen. Der CO2-Preis sollte zum Leitinstrument der Klimapolitik werden. Gleichzeitig wächst die Unzufriedenheit mit dem unzureichenden klimapolitischen Fortschritt in breiten Teilen der Gesellschaft: Die nationalen Klimaziele für 2020 werden verfehlt. Die Jugend, prominent vertreten durch die "Fridays for Future"-Bewegung, sieht die Lebensgrundlagen ihrer eigenen und künftiger Generationen in Gefahr. Klimaschutz ist zu einem zentralen Thema in der Mitte der Gesellschaft geworden. Daraus ist ein unmittelbarer klimapolitischer Handlungsdruck entstanden, der für eine umfassende Reform der Klimapolitik genutzt werden sollte. Die nötigen Reformen lassen sich nur durch einen Paradigmenwechsel erreichen, bei dem auch die Umwelt- und Klimapolitik an den grundlegenden Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft ausgerichtet wird. Dabei gilt es den Wettbewerb um die günstigsten Vermeidungstechnologien zu fördern, Investitionssicherheit zu stärken, die Gesamtkosten für die Erreichung der Ziele möglichst gering zu halten und die Belastungen gerecht über Haushalte und Unternehmen zu verteilen. Ordnungsrecht und Förderprogramme sollten künftig nur eine ergänzende Rolle einnehmen. Im Zentrum der Neuausrichtung muss eine umfassende und koordinierte Bepreisung der CO2-Emissionen stehen. Die Ausgestaltung einer deutschen CO2-Preisreform sollte von Beginn an als Dreiklang gedacht werden: Erstens muss der Konvergenzpunkt eine europaweit harmonisierte CO2-Bepreisung sein. Zweitens sollte Deutschland als Zwischenschritt zügig eine nationale CO2-Preisreform umsetzen, um seine Ziele im Rahmen der EU-Lastenteilungsverordnung zu erreichen. Drittens sollte die europäische CO2-Preisreform Grundlage für erfolgreiche internationale Klimaverhandlungen werden. Mit dieser Reform haben Deutschland und Europa die Chance, nicht nur die europäische Klimapolitik voranzubringen, sondern auch ihre Position in den internationalen Verhandlungen zu verbessern.
Year of publication: |
2019
|
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Authors: | Edenhofer, Ottmar ; Flachsland, Christian ; Kalkuhl, Matthias ; Knopf, Brigitte ; Pahle, Michael |
Publisher: |
Wiesbaden : Sachverständigenrat zur Begutachtung der Gesamtwirtschaftlichen Entwicklung |
Saved in:
freely available
Series: | Arbeitspapier ; 04/2019 |
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Type of publication: | Book / Working Paper |
Type of publication (narrower categories): | Working Paper |
Language: | German |
Other identifiers: | 167034682X [GVK] hdl:10419/201374 [Handle] RePEc:zbw:svrwwp:042019 [RePEc] |
Source: |
Persistent link: https://www.econbiz.de/10012037922
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