Politische Steuerungsfähigkeit in intermediären Systemen am Beispiel der Forschungsförderung
Dietmar Braun
Die Analyse von Entscheidungssystemen, die Politik und private Träger miteinander vernetzen, gehört heute in der Politikwissenschaft zu den wichtigen, aber immer noch relativ unverstandenen Forschungsgebieten. In diesem Artikel wird versucht, anhand von intermediären Systemen in der Forschungspolitik (USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland) der Frage nachzugehen, ob die Abwicklung forschungspolitischer Ziele über ausgelagerte Träger die politische Steuerungsfähigkeit optimieren oder beeinträchtigen kann. Die Leistungen solcher intermediärer Systeme, so wird argumentiert, sind aus der Sicht der Politik ambivalent: Einerseits vermögen intermediäre forschungspolitische Träger wissenschaftliche Experten in die Bearbeitung globaler politischer Zielvorstellungen einzubinden und werden so gesellschaftliche Potentiale besser genutzt. Andererseits entstehen durch die Delegation politischer Aufgaben an Zwischenträger eigendynamische Tendenzen, die Adressaten und intermediären Organisationen zu einer Anspruchsgemeinschaft verhelfen. Diese tendiert dazu, politische Ziele zunehmend zu vernachlässigen. Ein verbesserter Zugang zum Wissenschaftssystem bei gleichzeitigem Verlust an Definitionsmacht oder die Schließung des Wissenschaftssystems bei gleichzeitigem Gewinn an Formulierungskompetenz sind die beiden Spannungspole, zwischen denen sich die Akteure in intermediären Systeme der Forschungspolitik bewegen. Den intermediären Organisationen obliegt es, ein Spannungsgleichgewicht zu finden, das sowohl wissenschaftliche wie politische Interessen befriedigt.