Services in motion: Besonderheiten von Dienstleistungsinnovationen am Beispiel der Bertelsmann Services Group
Mit einem Umsatz von etwa 20 Mrd. für das Geschäftsjahr 2000/2001 und mehr als 80.000 Mitarbeitern in 56 Ländern der Erde ist die Bertelsmann AG heute das internationalste Medienunternehmen der Welt. Vor allem in den vergangenen 15 Jahren ist das Unternehmen überproportional expandiert. Wesentlicher Treiber für dieses Wachstum war eine innovations- und kundengetriebene Erschließung neuer Märkte. Doch wie schaffte es Bertelsmann, so präzise und erfolgreich neue Geschäftsfelder zu identifizieren? War diese Entwicklung Ergebnis eines effektiven wie effizienten Innovationsmanagement? Wenn ja, wie sehen die dahinter liegenden Innovationsprozesse aus? Spielen bestimmte Methoden und Verfahren des Innovationsmanagement hierbei eine besondere bzw. überhaupt eine Rolle? Mit diesen Fragen werden wir uns in diesem Beitrag auseinandersetzen. Dies ist in gewisser Weise Pionierarbeit, denn die wenigen Versuche, Innovationen im Dienstleistungssektor zu analysieren, sind bisher nur bedingt erfolgreich gewesen, da sich die Untersuchungen zu sehr an bestehenden Konzepten der Industrie orientieren. Klassische Innovationsanalysen (z.B. Untersuchung der Patente für neue Produkte) finden für die weniger technikgetriebenen Dienstleistungsinnovationen praktisch keine Anwendung und die bekannten Methoden des Innovationsmanagement, die vor allem im Kontext des produzierenden Gewerbes entstanden sind, lassen sich im Dienstleistungssektor nur schwer übertragen und nutzbar machen. Für Forschung und Praxis ist es daher besonders interessant zu verstehen, wie Innovationen im Dienstleistungssektor funktionieren. Die in diesem Beitrag skizzierten Fallstudien verdeutlichen, dass insbesondere Methoden der Markt- und kundennahen Absatz- und Marketingforschung hierbei eine zentrale Rolle spielen können. Ferner konzentriert sich die Organisation des Innovationsprozesses nicht auf die - aus den Industrieunternehmen bekannten - Forschungs-, Entwicklungs-, Konstruktions- und Fertigungsabteilungen. Die fest institutionalisierte Zuweisung der Innovationstätigkeit auf bestimmte Gruppen im Unternehmen ist gerade bei Dienstleistungsinnovatoren wenig bedeutsam. Vielmehr ist üblicherweise eine Reihe von Funktionseinheiten des Unternehmens in das Projekt integriert und ein eher heuristisch angelegtes Vorgehen bestimmt das Innovationsgeschehen. Der vorliegende Beitrag gliedert sich in vier Teile. Zunächst wird das Thema Dienstleistungsinnovationen theoretisch und empirisch eingeführt und mit Erkenntnissen aus der Verarbeitenden Industrie gespiegelt, um daraus Propositionen bzw. Thesen für die Analyse der Fallstudien abzuleiten. Im zweiten Teil werden die untersuchten Innovationsprozesse der Bertelsmann Services Group beschrieben. Hierzu betrachten wir zwei konkrete Innovationen in diesem Unternehmensbereich und zeichnen die Prozesse, Methoden und Instrumente nach. Neben Prozesshistorie sowie relevanten Erfolgsindikatoren werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet. Der dritte Teil verbindet Theorie und Praxis, um daraus Handlungsempfehlungen für das Management von Dienstleistungsinnovationen abzuleiten. Im letzten Abschnitt wagen wir schließlich einen ersten Ausblick.