Sonderrolle der Landwirtschaft : Einsichten aus der Agonie der Doha-Runde für eine entwicklungsfreundliche Agrarhandelspolitik
Die Doha-Runde der Welthandelsorganisation (WTO) liegt in Agonie. Sie würde dringend benötigte Impulse für eine regelbasierte Stärkung des internationalen Handels bringen, aber es findet sich derzeit kein Konsens zu zentralen Streitthemen. Das wahrscheinlich wichtigste dieser Themen ist die Liberalisierung des Agrarsektors. Was auch immer auf Doha folgt, größere Fortschritte in multilateralen Verhandlungen wird es nur geben, wenn in Agrarhandelsfragen die Verhältnisse und Bedürfnisse sowohl der Entwicklungsländer als auch der Industrieländer ausreichend berücksichtigt werden. Der Agrarsektor ist durch viele Besonderheiten gekennzeichnet, die aber für arme und reiche Länder zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen für Liberalisierungen führen. Aus den Diskussionen der Doha-Runde lassen sich folgende sechs Schlussfolgerungen herausarbeiten: • Der Agrarsektor sollte weiterhin im Rahmen der WTO behandelt werden. Bilaterale Handelsabkommen, die sich parallel zum Niedergang der Doha-Runde immer stärker ausbreiten, bieten Entwicklungsländern mit agrarischem Schwerpunkt nur in den wenigsten Fällen ähnliche starke Verhandlungspositionen wie im WTORahmen; insbesondere können sie die Subventionen in den Industrieländern nicht eindämmen. • Für Entwicklungsländer sind Ausnahmen für den Agrarsektor von der allgemeinen Liberalisierung gerechtfertigt. Oft ist er entscheidend für Armutsbekämpfung und Ernährungssicherheit, weil er für Kleinbauern, die den mit Abstand größten Anteil der Armen und Hungernden stellen, die wichtigste Einkommensquelle ist. Darüber hinaus ist eine agrarbasierte Industrialisierung und Ernährungswirtschaft Kernbestandteil der Entwicklung vieler armer Länder, die sich ohne besondere Stützung und Schutz oft nicht entfalten kann, insbesondere in einem Umfeld verzerrter Weltmärkte. • Auf der anderen Seite müssen Entwicklungsländer einsehen, dass der Schutz und die Stützung ihrer Agrarsektoren transparent und anfechtbar reguliert werden sollten – auch, um Süd-Süd-Handel und die Stabilität der Weltnahrungsmittelmärkte zu fördern. • Für Industrieländer ist das Niveau der Nahrungsversorgung so hoch, dass Ernährungssicherheit nicht durch produktions- und handelsverzerrende Förderung der Nahrungsmittel-Verfügbarkeit oder -Preispolitik sichergestellt werden muss. Es gibt ausreichend Alternativen, mit Problemen wie steigenden Weltmarktpreisen umzugehen, vor allem durch die Stärkung sozialer Sicherungssysteme. • Die besondere Berücksichtigung der Multifunktionalität der Landwirtschaft in der Agrar- und Umweltpolitik ist legitim, sollte aber durch Instrumente erreicht werden (z. B. durch Auflagen zur oder gezielte Förderung der Erhaltung von Kulturlandschaften, Biodiversität oder Wasserschutz), die möglichst keine versteckten Produktions- und Handelsverzerrungen generieren, wie es neben den klassischen Preissubventionen z. B. auch die derzeit weitverbreiteten flächenbezogenen Direktzahlungen tun. • Exportbeschränkungen für Nahrungsmittel sollten zum Schutz von importierenden Ländern und zur Glättung von Preisschwankungen limitiert werden.
Year of publication: |
2011
|
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Authors: | Brüntrup, Michael ; Brandi, Clara ; Fuchs, Nikolai |
Publisher: |
Bonn : Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) |
Saved in:
freely available
Series: | Analysen und Stellungnahmen ; 13/2011 |
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Type of publication: | Book / Working Paper |
Type of publication (narrower categories): | Research Report |
Language: | German |
Other identifiers: | hdl:10419/199942 [Handle] RePEc:zbw:dieaus:132011 [RePEc] |
Source: |
Persistent link: https://www.econbiz.de/10012021385
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