Theoretische Fundierung und Bewertung alternativer Methoden der Wohlfahrtsmessung
Der anhaltende Klimawandel, die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise und die aktuellen Bestrebungen in Deutschland, nach der Havarie des Atomkraftwerks Fukushima I eine zügige Wende hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung zu vollziehen, haben die öffentliche Diskussion um Quellen, Verteilung und unerwünschte Nebeneffekte unseres Wohlstandes und die Tragfähigkeit der bisherigen Produktions-, Konsum- und Wachstumsmuster befeuert. Die Eignung klassischer wirtschaftspolitischer Erfolgsmaßstäbe – wie beispielsweise des Bruttoinlandsprodukts – als alleinige Leitgrößen zur Beurteilung der Wohlfahrt einer Volkswirtschaft wird zunehmend infrage gestellt. Politik, Wirtschaft und Wissenschaft suchen nach alternativen Wohlfahrtsmaßen, um ein vollständigeres Bild vom Zustand einer Gesellschaft zu erhalten. Ziel der vorliegenden Studie ist die Systematisierung, Einordnung und Bewertung verschiedener aktuell diskutierter Ansätze zur Wohlfahrtsmessung. Hierzu werden zunächst die unterschiedlichen Anwendungsgebiete für alternative Wohlfahrtsmaße skizziert und – aufbauend auf einer allgemeinverständlichen Darstellung der theoretischen Grundlagen der Wohlfahrtsmessung – Kriterien für die Konstruktion geeigneter Maße abgeleitet. In diesem Zusammenhang wird auch die Eignung des Bruttoinlandsprodukts als Wohlfahrtsmaß hinterfragt und bewertet. Für den vom Auftraggeber der Studie, die KfW Bankengruppe, publizierten KfW-Nachhaltigkeitsindikator ergeben sich aus der Studie Hinweise für eine Weiterentwicklung des Indikators. Auf Basis der abgeleiteten Kriterien erfolgt ein Vergleich der zurzeit diskutierten Ansätze und Initiativen zur alternativen Wohlfahrtsmessung. Dabei finden nicht nur die von deutschen Institutionen vorgestellten Maße Berücksichtigung, sondern es werden auch Initiativen internationaler Organisationen einbezogen. Wesentliche Kernaussagen der Studie sind: - Klassische ökonomische Kennzahlen wie das Bruttoinlandsprodukt umfassen bereits wichtige Bestimmungsfaktoren für die Wohlfahrt einer Gesellschaft. Eine Ergänzung um ausgewählte zusätzliche Maße ist aber wünschenswert und sinnvoll, um eine umfassendere Beurteilung der Nachhaltigkeit unseres Wirtschaftens, der Verteilung des Wohlstandes und der subjektiven Lebenszufriedenheit der Menschen in einer Gesellschaft zu ermöglichen. - Sowohl aggregierte Maße als auch sogenannte Indikatorenbündel können einen Beitrag zur Wohlfahrtsmessung leisten. Dabei liegt der Vorteil aggregierter Maße in ihrer guten Kommunizierbarkeit und ihrer Eignung für die Problemerkennung, während Indikatorenbündel vor allem durch eine hohe Detailliertheit, Objektivität und Interpretierbarkeit gekennzeichnet sind. - Die Suche nach dem einen allumfassenden Wohlfahrtsmaß muss nach heutigem Wissensstand vergeblich bleiben. Hierzu ist der Wohlfahrtsbegriff selbst zu facettenreich und die Entscheidung über die Verwendung eines bestimmten Maßes im Einzelfall hängt stark von dem beabsichtigen Verwendungszweck ab. Es ist jedoch möglich, anhand klar definierter Kriterien die Eignung eines Wohlfahrtsmaßes situationsbezogen zu beurteilen. Inwiefern sich in naher Zukunft solche Messansätze zusätzlich zu bestehenden Maßen wie dem Bruttoinlandsprodukt zur Grundlage politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen werden etablieren können, wird maßgeblich vom Verlauf der gegenwärtigen Diskussion abhängen. Die vorliegende wissenschaftlich fundierte Analyse und Bewertung der Leistungsfähigkeit nationaler und internationaler Ansätze zur alternativen Wohlfahrtsmessung leistet hierzu einen Beitrag.
Year of publication: |
2011
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Authors: | Suntum, Ulrich van ; Lerbs, Oliver |
Institutions: | Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD), Government of Germany |
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freely available
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