Ausgangspunkt dieser Arbeit ist die generelle umsatzsteuerliche Befreiung oder Nichterfassung von Finanzdienstleistungen in Deutschland, Europa aber auch in vielen Ländern über die europäischen Grenzen hinaus. Finanzdienstleistungen sind Dienstleistungen, die vornehmlich von Banken, Versicherungen und anderen Finanzdienstleistern erbracht werden.Benötigt nun ein Finanzdienstleister für von der Umsatzsteuer befreite oder nicht erfasste Finanzdienstleistungen mit Vorsteuer belastete Eingangsleistungen, so können die Vorsteuerbeträge nicht in Abzug gebracht werden. Denn nach der Systematik der Umsatzsteuer darf ein Abzug regelmäßig nur dann erfolgen, wenn steuerpflichtige Umsätze oder Umsätze in Drittländer vorliegen. Es entsteht ein Kostenblock in Höhe der nichtabzugsfähigen Vorsteuer. Da Finanzdienstleister nun aber auch Leistungen erbringen, für die der Vorsteuerabzug gestattet ist, bedarf es einer Aufteilung danach, welche Eingangs- für welche Ausgangsleistungen benötigt wurden. Ziel dieser Aufteilung ist es, die dem Finanzdienstleister entstandenen Kosten entsprechend ihrer Verwendung zuzuordnen. Ist die Zugehörigkeit bekannt, gibt es kein Zuordnungsproblem. Dieses entsteht jedoch für den Bereich, in welchem eine Zugehörigkeit zu umsatzsteuerfreien oder umsatzsteuerpflichtigen Aus-gangsleistungen nicht offensichtlich ist oder aber die Kosten der Informationsgewinnung über die Zuordnung in keinem Verhältnis zum Nutzen der exakten Aufteilung stehen. Eine Aufgabe dieser Arbeit ist es, bei Fortbestehen der derzeitigen Regelungen, einen den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Aufteilungsschlüssel für die Vorsteuerbeträge zu ermitteln, die weder direkt in umsatzsteuerbehaftete noch in nicht umsatzsteuerbehaftete Ausgangsumsätze einfließen. Hierzu bieten die für alle Mitgliedstaaten geltende Mehrwertsteuerrichtlinie (Pro-rata-Satz; Art. 17 Abs. 5 i. V. m. Art. 19 der 6. EG-Richtlinie), aber auch das deutsche Umsatzsteuergesetz (wirtschaftliche Zurechnung, sachgerechte Schätzung; § 15 Abs. 4 UStG) Anhaltspunkte, die es jedoch zu konkretisieren gilt. Ein Zweck der Ausführungen besteht auch darin, kritisch zu überprüfen, ob die gegenwärtige Regelung über die Versagung des Vorsteuerabzugs bei Erbringung steuerfreier Finanzdienstleistungen und der damit verbundenen Problematik einer gegebenenfalls notwendig werdenden Aufteilung mit den Zielen der Umsatzbesteuerung vereinbar ist. Es besteht insofern Einmütigkeit, als dass die Umsatzbesteuerung auf eine Belastung des nichtunternehmerischen Verbrauchs gerichtet ist. Mit Versagung des Vorsteuerabzuges wird das Unternehmen im Fall der Nichtüberwälzbarkeit entsprechend einem Endverbraucher belastet. Zu prüfen ist insoweit, ob die bestehenden Probleme, die sich aus der Befreiung oder Nichterfassung ergeben, durch das in der 6. EG-Richtlinie geschaffene Wahlrecht der Option zur Steuerpflicht behoben werden.Vor allem soll die Zweckmäßigkeit der derzeitigen gesetzlichen Regelungen im Hinblick auf die Wettbewerbsneutralität deutscher, europäischer und Drittlandsanbieter auf dem inländischen, europäischen und dem Drittlandsmarkt hinterfragt werden. Im Hinblick auf die augenscheinliche Durchbrechung des Systems der Umsatzsteuer und im Bewusstsein, dass das bisher bestehende System der Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistungen nicht den Anforderungen der Umsatzsteuer gerecht wird (Wettbewerbsneutralität, Verbrauchsteuergedanke etc.), wurden in den vergangenen Jahren verschiedene Modelle für die Besteuerung von Finanzdienstleistungen entwickelt. Die vorliegende Arbeit berücksichtigt die Möglichkeit von der bisherigen Vorgehensweise abzurücken und neue Wege einzuschlagen. Hierzu werden denkbare Modelle sowie Methoden mit ihren Wirkungen dargestellt und analysiert. Ziel ist es insbesonders, eine einheitliche Vorgehensweise für europäische Anbieter aus den gewonnenen Erkenntnissen abzuleiten, um Wettbewerbsnachteile der Finanzdienstleister bei europa- aber auch weltweiten Engagements zu vermeiden.