Zur institutionellen Ausgestaltung der Strommarktregulierung: Brauchen wir eine eigenständige Regulierungsbehörde für den Stromtransport?
Das neue deutsche Energiewirtschaftsrecht greift bei der Deregulierung nicht weit genug. Insbesondere sollten Stromerzeugung und Stromendverkauf vollständig dereguliert werden. Lediglich der Stromtransport ist nach wie vor einer Regulierung zu unterziehen. Unter den technisch-ökonomischen Bedingungen der Stromwirtschaft ergeben sich besondere Anforderungen an die Regulierungspolitik für den Stromtransport. Allerdings gibt es aus ökonomischer Sicht keine optimale Regel für die Regulierung des Stromtransports. Der institutionellen Ausgestaltung der Transportregulierung kommt auch deswegen besondere Bedeutung zu, weil die inhaltlichen Vorgaben des Gesetzgebers eher vage gehalten sind. Die Regulierungsinstanzen müssen daher — und dies ist aus ökonomischer Sicht ein Vorzug des neuen deutschen Energiewirtschaftsrechts — wesentliche Aspekte einer wettbewerbsorientierten Regulierung selbst definieren. Dies erfordert allerdings, dass die nachgeordnete Regulierungsinstanz selbst einer Aufsicht unterworfen werden muss („Regulierung des Regulierers"). Die wichtigste Maßnahme zur Regulierung des Regulierers besteht darin, der Regulierungsinstanz ausschließlich die Kompetenz zuzuweisen, die Netznutzung mitsamt der Netzhilfsdienstleistungen und des Ausgleichshandels zu regulieren. Ergänzend müssen im Bereich der Erzeugung die deutschen und europäischen Kartellbehörden sicherstellen, dass lokale und regionale Marktmacht begrenzt wird. Dies ist umso wichtiger, je schlechter die Netze ausgebaut sind, da bei diskriminierungsfreien Netznutzungsrechten letztlich allein Netzengpässe eine signifikante Marktmacht in der Erzeugung begründen könnten. Bei der Zuweisung von Kompetenzen an die Regulierungsinstanz sollten die drei folgenden Maximen berücksichtigt werden: Rechenschaftspflicht, Unabhängigkeit und Entscheidungstransparenz. Aus der Maxime der Unabhängigkeit folgt, dass die praktische Regulierung der Transportunternehmen nicht von Mitarbeitern eines Ministeriums durchgeführt werden sollte, da diese zu starken politischen Einflüssen ausgesetzt sind. Die allgemeinen Gerichte sind für die notwendigerweise auf Kontinuität angelegte Regulierung der Transportunternehmen ebenfalls nicht geeignet. Ihre Rolle sollte eher darin bestehen, neben dem Parlament oder dem Ministerium als weiterer Regulierer des Regulierers zu fungieren. Die Regulierungskompetenz für die Netznutzung sollte aber auch keiner neuen sektorspezifischen Regulierungsbehörde zugewiesen werden. Bei einer derartigen Lösung überwiegen die Nachteile, die zum einen in dem relativ hohen Beharrungsvermögen einer solchen Behörde und zum anderen in der größeren Gefahr der Vereinnahmung durch Interessengruppen begründet liegen. Die Regulierungskompetenz für die Netznutzung einschließlich der Netzhilfsdienstleistungen und des Ausgleichshandels ist somit entweder dem Kartellamt oder der ohnehin existierenden Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation zu überantworten; die Ressourcenausstattung und die Vollzugskompetenz des Kartellamts oder der Telekom-Regulierungsbehörde wäre entsprechend zu erweitern. Falls die Regulierungskompetenz für die Netznutzung dem Kartellamt zugewiesen wird, muss es dazu verpflichtet werden, die teilweise widerstreitenden Zielvorgaben der Regulierung der Netznutzung und der Förderung des Wettbewerbs in seinen Entscheidungen und deren öffentlichen Begründungen zu trennen. Eine solche Trennung ist eine notwendige Bedingung für ein transparentes und effizientes Zusammenspiel zwischen allgemeinem Kartellrecht und einer Regulierungspolitik für die Netznutzung. Im alternativen Fall der Zuweisung der Regulierungskompetenz für die Netznutzung an die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation ist diese Zuweisung von Zeit zu Zeit zu überprüfen, da zu befürchten ist, dass die in dieser Regulierungsinstanz tätigen Personen von sich aus Anreizen unterliegen, den möglicherweise zukünftig effizienten Schritt zu einer partiellen Deregulierung des Stromtransports nicht einzuleiten. Diese Gefahr ist im Fall der Zuweisung an das Kartellamt geringer einzuschätzen