Frühjahr 2023 : Kaufkraftentzug bremst die konjunkturelle Erholung in Deutschland
Torsten Schmidt, György Barabas, Niklas Benner, Boris Blagov, Maximilian Dirks, Daniela Grozea-Helmenstein, Niklas Isaak, Robin Jessen, Florian Kirsch, Philip Schacht und Klaus Weyerstraß
In diesem Jahr dürfte sich die deutsche Wirtschaft von den Folgen des Energiepreisschocks spürbar erholen. Angesichts der weiterhin hohen Energiepreise dürfte die Erholung aber verhalten ausfallen. Mit derzeit unter 50 Euro je MWh ist der Großhandelspreis für Gas um 100 Euro niedriger als im Durchschnitt der zweiten Jahreshälfte 2022. Davon werden derzeit vor allem größere Unternehmen entlastet, an die die Preissenkungen relativ schnell weitergegeben werden. Für die privaten Haushalte und kleinere Unternehmen wurden Entlastungen durch die Gas- und Strompreisbremse geschaffen, da die Gas- und Strompreise auf der Verbraucherstufe in diesem Jahr noch über den Obergrenzen der Gas- und Strompreisbremse liegen werden. Erst für das kommende Jahr ist damit zu rechnen, dass die Energiepreise auf der Verbraucherstufe deutlicher sinken. Insgesamt ist zu erwarten, dass die Verbraucherpreise in diesem Jahr im Durchschnitt um 5,5% steigen. Im kommenden Jahr dürfte die Teuerung dann 2,2% betragen. Die Erholung des BIP dürfte nach dem Rückgang im Winter schwach ausfallen. Die noch hohe Inflation sowie die steigenden Zinsen dürften vor allem die Binnennachfrage belasten. Im Jahresdurchschnitt dürfte das BIP in diesem Jahr um 0,2% ausgeweitet werden. Erst im Zuge steigender Realeinkommen ist eine stärkere Erholung des privaten Konsums zu erwarten. Im Jahr 2024 dürfte das BIP um 1,8% ausgeweitet werden. Auf dem Arbeitsmarkt zeichnet sich ein Ende des deutlichen Beschäftigungsanstiegs ab. Der fortschreitende demografische Wandel und ein Abklingen der Zuwanderung dürften dazu führen, dass die Zahl der Arbeitnehmer in Deutschland ab dem zweiten Halbjahr 2024 sinkt. Insgesamt dürfte die Erwerbstätigkeit im Jahr 2023 im Durchschnitt um fast 300 Tsd. steigen, im Jahr 2024 dürfte sie dann weitgehend stagnieren. Die öffentlichen Ausgaben werden im laufenden Jahr wesentlich durch die Gas- und Strompreisbremsen bestimmt. Da die Gas- und Strompreise mittlerweile wieder deutlich unter ihre Höchstwerte aus dem Vorjahr gefallen sind, dürften die Ausgaben für die Preisbremsen wohl jeweils im niedrigen zweistelligen Milliardenbereich bleiben. Im kommenden Jahr werden durch die Preisbremsen wohl keine relevanten Zahlungen mehr erfolgen. Vor allem weil Staatsausgaben im Zusammenhang mit hohen Energiepreisen im vergangenen Jahr höher ausfielen als im laufenden, ist die Finanzpolitik 2023 restriktiv ausgerichtet. 2024 fallen auch die Preisbremsen weg, so dass die Finanzpolitik abermals restriktiv ist.
Year of publication: |
2023
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Authors: | Schmidt, Torsten ; Barabas, György ; Benner, Niklas ; Blagov, Boris ; Dirks, Maximilian W. ; Grozea-Helmenstein, Daniela ; Isaak, Niklas ; Jessen, Robin ; Kirsch, Florian ; Schacht, Philip ; Weyerstrass, Klaus |
Published in: |
RWI Konjunkturberichte. - Essen : RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e.V., ISSN 1861-6305, ZDB-ID 2871417-9. - Vol. 74.2023, 1, p. 5-45
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